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Trennung mit Kind – aus Sicht einer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin
Eine Trennung zu durchleben, ist nie leicht. Gefühle sind verletzt, Träume zerplatzt und nicht selten blickt man auf einen vermeintlich riesigen Chaosberg, den es irgendwie zu bewältigen gilt. So weit, so schmerzhaft. Was aber, wenn Kinder im Spiel sind, die plötzlich nicht wissen, wohin mit sich, ihren Emotionen und der neuen Situation? Die Fragen stellen und fürchten, sich plötzlich für einen Elternteil "entscheiden" zu müssen? Wir haben mit Jana Baukmann gesprochen, die als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin schon häufig Familien durch Trennungen begleitet hat und Eltern ein paar Tipps auf den Weg gibt, wie eine Trennung mit Kind respektvoll und achtsam möglich sein kann.
"Kinder dürfen aber sehr wohl negative Gefühle mitbekommen, sie dürfen und sollten auch erleben, dass es den Eltern nicht leicht fällt, getrennte Wege zu gehen und dass die Entscheidung im besten Fall länger durchdacht ist und der Weg dahin nicht einfach war"
Kann man sich bei einer Trennung eigentlich „richtig“ verhalten?
Grundsätzlich gibt es kein „richtiges“ Verhalten, weil jede Situation individuell ist. Es gibt aber bei Trennungen viel falsches Verhalten. Wenn dann auch noch Kinder involviert sind, ist das Potential, Schaden anzurichten, umso größer.
Was sollten Eltern also beachten?
Eltern stehen vor der sehr großen Aufgabe, die Paar- und die Elternebene voneinander zu trennen. Die Kinder sollten bestenfalls so wenig wie möglich von den Streitigkeiten zwischen den Ex-Partner:innen mitbekommen. Denn sind wir mal ganz ehrlich: Eine Trennung komplett ohne Streit ist ja wohl die Ausnahme. Kinder dürfen aber sehr wohl negative Gefühle mitbekommen, sie dürfen und sollten auch erleben, dass es den Eltern nicht leicht fällt, getrennte Wege zu gehen und dass die Entscheidung im besten Fall länger durchdacht ist und der Weg dahin nicht einfach war. Kinder lernen dadurch, dass Traurigkeit, Sorgen und auch vielleicht etwas Wut zu Abschieden dazugehören. Allerdings sollten diese Gefühle nicht bei ihnen auslösen, dass sie Verantwortung für die Eltern übernehmen müssen. Vielmehr sollten sie die Sicherheit haben, dass die Eltern ihre Traurigkeit und Gefühle eigenständig in den Griff bekommen.
Welchen Fehler beobachtest du bei frisch getrennten Eltern am häufigsten?
Am wichtigsten ist sicherlich, dass man nicht in die Schuld-Falle tappt. Man neigt oft dazu, der anderen Person bei der Trennung die Schuld an irgendetwas zu geben à la „Wäre XY aufmerksamer gewesen, hätte ich mich nicht trennen müssen“ oder „Würdest du mehr Hobbys haben, würde ich dich auch noch attraktiv finden“. Das mag auf der Paarebene korrekt sein, allerdings ist das für die Elternebene irrelevant. Auf dieser Ebene ist nämlich ausschließlich von Relevanz, dass es den Kindern gut geht und man sie möglichst in ihrer Entwicklung unterstützt.
Was rätst du getrennten Eltern?
Streitereien sollten nie vor den Kindern ausgetragen werden und Kinder sollten erst recht nicht zu Vermittler:innen zwischen den Eltern werden. Kinder werden sich automatisch auch die Schuld an der Trennung geben, denn genau das ist auf absurde Weise der Versuch, die Situation zu kontrollieren. Ganz nach dem Motto „Wenn ich jetzt besonders lieb bin, kommt Papa/Mama vielleicht wieder zurück“. Sie benötigen deshalb die ausgesprochene Sicherheit, dass sie nicht schuld an der Situation sind. KEIN Kind ist jemals schuld an einer Trennung. Dafür sind immer die Erwachsenen verantwortlich.
Auch sollten die Kinder nicht ausgefragt werden über die Situation des jeweils anderen Elternteils. Damit meine ich beispielsweise Fragen wie „Hat Mama schon einen neuen Freund?“ oder „Räumt Papa auch regelmäßig auf?“. Und auch Beleidigungen oder schlechtes Reden über den/die Ex-Partner:in sind tabu. Wenn man also den Vater oder die Mutter beleidigt – und das gilt auch bei nicht-biologischer Elternschaft –, fühlt sich das Kind in seinen Anteilen der jeweiligen Person ebenso beleidigt oder angegriffen.
„Aus den guten Gefühlen, die man gegenüber der anderen Person mal empfunden hat, ist ein oder sind mehrere kleine Menschen entstanden. Das ist etwas sehr Wunderbares und dafür darf man sich auch nach einer Trennung weiterhin dankbar sein“
Die Regel sollte sein: Bevor man etwas Schlechtes über den/die Expartner:in vor den Kindern sagt, sollte man lieber gar nichts sagen. Man kann sich auch die Frage stellen „Wie würde ich es finden, wenn XY ähnliche Dinge zu den Kindern über mich sagt?“. An diese Regel sollte sich gehalten werden, auch dann, wenn es handfeste Beweise für das unkorrekte Verhalten der anderen Person gibt. Die Mutter ist immer unpünktlich? Das merkt das Kind von alleine, da benötigt es nicht noch zusätzlich einen Hinweis. Der Vater hat keine guten Spielideen? Auch das ist für das Kind schon belastend genug, es muss nicht noch zusätzlich hören/spüren, dass der andere Elternteil sauer wegen dieser Tatsache ist. Die Kür ist, es zu schaffen, weiterhin Positives über die andere Person zu sagen, wie etwa „Ich finde das ganz toll, dass Papa mit euch im Zoo war“ oder „Super, dass Mama dir Mathe so gut erklärt hat, sodass du eine gute Note schreiben konntest“.
Wie kann der „neue“ Alltag nach einer Trennung am besten funktionieren?
Absprachen sollten die Eltern nicht im Beisein der Kinder treffen. Absprachen sollten verbindlich für beide sein und Absprachen sollten regelmäßig angepasst werden. Wenn man Schwierigkeiten hat, der anderen Person gegenüberzustehen, kann man vielleicht via Handy oder Mail kommunizieren, oder man kann auch Nachrichten von außenstehenden Personen vor dem Senden lesen lassen, um sie emotional zu entschärfen.
Außerdem gibt es Beratungsstellen wenden, die aufgesucht werden können, um sich darin coachen zu lassen, wie man als getrennte Eltern weiter an einem Strang zieht. Außerdem kann man ebenso eine Therapie machen, wenn man über die Trennung nicht hinwegkommt.
Was gibst du getrennten Eltern zusätzlich mit auf den Weg?
Dass man etwas ganz Wichtiges niemals vergessen sollte: Denn aus den guten Gefühlen, die man gegenüber der anderen Person mal empfunden hat, ist ein oder sind mehrere kleine Menschen entstanden. Das ist etwas sehr Wunderbares und dafür darf man auch nach einer Trennung weiterhin dankbar sein. Ohne die Gene (oder bei nichtbiologischer Elternschaft, die Bereitschaft) der anderen Person, hätte man nie die Möglichkeit gehabt, diese kleinen Menschen kennenlernen zu dürfen.
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