Mama braucht ne Pause
privat

Mama braucht ne Pause: Warum fällt mir es trotzdem so schwer, mir Zeit für mich selbst zu nehmen?

Mir Zeit für mich selbst zu nehmen, quasi gegen meine Tochter und gegen meinen Job, ist unglaublich schwer. Und ich wähle diese Formulierung bewusst, denn so fühlt es sich an: Ich muss meine Kraft bewusst gegen einen inneren Impuls einsetzen. Mit Blick auf einen kleinen Bahnhof sitze ich also in einer wunderschönen, ruhigen Bibliothek eines ebenso schmucken Berghotels und bei jedem Zug, der ein- und wieder abfährt, zieht sich mein Bauch zusammen. Etwas in mir ruft leise: Steig ein, fahr nach Hause!

"Meine Tage mit Kind und Job sind zu voll und meine Tage ohne Kind und mit Job sind manchmal zu leer. Ich bin es gewohnt, in eine stille Wohnung nach Hause zu kommen und niemand ist da zum sich Mitteilen, Austauschen, Kochen oder sich gemeinsam Auf- und Abregen."

Eigentlich bin ich ganz gut darin, Zeit mit mir alleine und Zeit für mich zu genießen. Da ich getrennt lebe und unsere Tochter getrennt großziehe, habe ich oft Zeit für mich. Das ist tatsächlich so. Meine Tage mit Kind und Job sind zu voll und meine Tage ohne Kind und mit Job sind manchmal zu leer. Ich bin es gewohnt, in eine stille Wohnung nach Hause zu kommen und niemand ist da zum sich Mitteilen, Austauschen, Kochen oder sich gemeinsam Auf- und Abregen. Keine Hausaufgaben, keine Nudeln mit Kindertomatensauce und auch keine Gute-Nacht-Geschichte. Aber immerhin gibt es dann noch Wäscheberge und Wollmäuse. Diese Abende alleine gelingen mir mal besser und mal schlechter, wie das eben so ist mit dem Leben. Das gelingt einem ja auch mal besser und mal schlechter.

Was mir immer gut gelingt, ist der Morgen! Ich bin keine ausgesprochene Frühaufsteherin, aber ich liebe den Morgen. Der erste Kaffee und der zweite, der Duft von frischem Toast, das Müsli auf dem Sofa, die ersten Gedanken des Tages, die mir durch den Kopf gehen und das innere Streiten um meine freie Zeit. Mache ich zuerst etwas Yoga, schreibe ich noch den Text fertig oder trinke doch noch einen dritten Kaffee mit meiner besten Freundin im Lieblingscafé um die Ecke? Ach, der Supermarkt ist auch noch so schön leer, ganz ähnlich wie mein Kühlschrank … Oder ich gehe joggen? Vielleicht streiche ich aber auch eine Wand, drücke mich noch ein wenig vor der Steuererklärung oder dem Wäscheberg. Das hat ja noch bis abends Zeit …

Und zwischendurch, ganz selten, setze ich mich sogar spontan in einen Zug und fahre in die Berge. So wie jetzt … Jetzt sitze ich eben in dieser Bibliothek, schmökere mich durch die hiesige Literatur und trinke in Ruhe noch eine Tasse Tee. Ich habe sogar das große Glück, dass es regnet und ich mit gutem Gewissen nicht wandern gehen muss. Nur die Züge, die ich durchs Fenster beobachte, die brechen mir fast das Mama-Herz oder erinnern mich wahlweise mit jeder Abfahrt an meine nicht enden wollende To-Do-Liste im Büro. Warum ist es so schwer, freie Zeit für mich alleine auszuhalten? Es pendelt immer irgendwo zwischen Einsamkeit und schlechtem Gewissen …

Vermutlich ist es unsere Sozialisierung als Frau. Meine Mutter hat vier Kinder geboren und großgezogen, aber wenn sie morgens mal länger am Frühstückstisch sitzen blieb, dann hatte sie immer ein schlechtes Gewissen. Und als sie sich ein leer stehendes Zimmer in unserem Haus für sich ganz alleine einrichten wollte, gab es riesige Diskussionen. Warum braucht eine Mutter einen eigenen Raum, in den sie sich zurückziehen kann? Vollkommen verrückt, oder? Ich habe ja auch die Kinderzimmertür geschlossen, wenn meine Schwestern mich genervt haben.

Also wäre es doch gut, wenn ich es anders mache. So nehme ich mein Handy zur Hand und rufe mit klopfendem Herzen meine Familie an … „Hey, es ist wirklich wunderschön hier und ich spüre, ich könnt noch einen Tag gebrauchen …“

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