Magic Connection

HeeSoo und Amy Scott-Smith, müsst ihr euch für euer kinderfreies Leben oft rechtfertigen?

Von "Und wer kümmert sich dann um dich im Alter?" über "Irgendwann wirst du dir nichts sehnlicher wünschen als ein Kind, glaub mir!" bis hin zu "Nicht, dass du deine Entscheidung irgendwann bereust …" – wenn Frauen keinen Kinderwunsch haben, sind übergriffige Kommentare meist nicht weit, das weiß ich selbst aus eigener Erfahrung. Auch die "Berlin Tag und Nacht"-Darstellerinnen HeeSoo und Amy Scott-Smith können ein sprichwörtliches Liedchen darüber singen, denn auch sie führen ein selbstbestimmtes Leben ohne Kinderwunsch. Wann und wie sie herausgefunden haben, sich keine Kinder zu wünschen und wie zu über typisch weibliche Rollenklischees denken, erzählen die beiden im Interview.

Disclaimer: Bei diesem Interview handelt es sich um einen redaktionellen Gastbeitrag von Magic Connection.

Wann und wie hast du für dich festgestellt, dass du keine eigenen Kinder möchtest?

Amy Scott-Smith Schon als vierjähriges Kind in der Kita in Australien wollte ich nie Mama und Baby spielen, aber ich war glücklich Arzt und Patient zu spielen. Ich war einfach nie interessiert daran, Mutter zu werden. Ich war offen für die Möglichkeit, dass sich dies mit der Zeit ändern könnte – vor allem weil mir das ständig gesagt wurde –, aber das tat es einfach nie.

Hee Soo Das habe ich in meinen Zwanzigern für mich entschieden, da ich mir zu dieser Zeit immer bewusster wurde, was es bedeutet, verantwortungsvoll zu leben, in einer Welt wie dieser.

Warum möchtest du keine Kinder?

Amy Scott-Smith Weil Muttersein mich nicht interessiert. Ich habe vor langer Zeit aufgegeben mich zu rechtfertigen. Ich könnte diese Frage politisch beantworten und auf die Kosten für Wohnen und Leben hinweisen. Ich könnte als Feministin antworten und sagen, dass ich der Meinung bin, dass wenn eine Frau – selbst in der glücklichsten Beziehung – Kinder haben will, bereit sein muss, die Kinder als alleinerziehende Mutter großzuziehen, denn das ist es, was die Gesellschaft von Frauen verlangt. Es ist fast niemals 50/50. Ich könnte erklären, dass ich nicht bereit bin, meinen Körper, meine Karriere und meine Identität aufzugeben, um die Rolle der Mutter zu übernehmen. Oder ich könnte sogar sagen, dass ich Kinder einfach nicht wirklich mag, aber dass ich die Wünsche und Rechte anderer Frauen voll und ganz unterstütze. Als Frau ist die Antwort niemals gut genug.

Hee Soo Ich möchte keine eigenen Kinder bekommen, weil ich mein Leben für mich leben und nur für mich verantwortlich sein möchte. Selbst das ist oftmals nicht einfach. Die Welt verändert sich schnell und ich weiß nicht, in welche Richtung. Das ist mir zu unsicher. Wenn sich das irgendwann ändern sollte, dann habe ich im Kopf, dass es sehr viele Kinder auf der Welt gibt, die keine Familie haben und Unterstützung brauchen. Durch meinen ursprünglichen Beruf in der stationären Kinder- und Jugendhilfe weiß ich, dass ich in der Lage bin, sehr gut für Kinder zu sorgen, die nicht meine eigenen sind.

Viele Frauen haben das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen, wenn sie keine Kinder wollen. Wie wird dein Wunsch, kinderlos zu bleiben, von deinem Umfeld aufgenommen? Musst du dich oft erklären?

Amy Scott-Smith In meiner Jugend und in meinen Zwanzigern war es sicherlich viel schwieriger. Ich habe damals den gesellschaftlichen Druck viel mehr gespürt und es machte mich wütend, nicht ernst genommen zu werden. Zu hören, was die Leute für Vorurteile hatten und Kommentare über meine Rechte an meinem Körper, mein Leben und meine Entscheidungen machten, als ob ich meine Meinung ändern würde - oder schlimmer noch, als ob etwas in mir als Frau nicht stimmt, war unverschämt. Aber heutzutage habe ich diese Fragen so oft beantwortet, ich bin so gut vorbereitet, dass es keine Chance für Argumente gibt. Meine Familie hat meine Entscheidung nie infrage gestellt, auch meine Freunde nicht. Das ist ein großes Privileg im Vergleich zu anderen.

Hee Soo Tatsächlich kommt das leider noch sehr häufig vor, wobei es tatsächlich darauf ankommt, wo ich bin. In einer Gegend, wo alternative Lebensformen vielleicht nicht so geläufig sind und es üblich ist, dass Menschen heiraten, Häuser bauen und Kinder bekommen, muss ich mich sehr oft erklären. Aber auch in Berlin kommt es vor. Sogar bei der Gynäkologin konnte ich das Thema nicht wertneutral besprechen, was ich persönlich sehr übergriffig und anmaßend finde, weil man davon ausgehen sollte, dass ich als erwachsene Frau sehr gut Entscheidungen für mich treffen kann.

Welche Bemerkungen musst du dir anhören?

Amy Scott-Smith Ich habe wirklich alles gehört: Dass ich ein schlechter Mensch bin, dass mir als Frau etwas fehlt, dass ich unverantwortlich und egoistisch bin, dass der einzig mögliche Grund, warum ich keine Kinder will, der sein muss, dass ich eine schreckliche Familie habe. Nein, nein und nein. Heute bringt es mich wirklich zum Lachen. Die Wahrheit ist, dass ich einfach glücklich und erfüllt bin und Kinder sind einfach kein Teil dieser (meiner) Geschichte.

Hee Soo Zum allgemeinen Unverständnis und den entsprechenden Bemerkungen kommen Aussagen wie „Dann bist du keine richtige Frau.“ Außerdem wird hinterfragt, warum ich nicht wissen möchte, wie meine Kinder aussehen würden und ob ich es nicht wichtig finde, dass meine Gene weitergegeben werden.

Ein Klischee besagt, gewollt kinderlose Frauen seien egoistisch – wie stehst du dazu?

Amy Scott-Smith Die Identität einer Frau wird nicht darüber definiert, ob sie Kinder hat oder nicht. Ich
glaube, ich wurde selten als egoistisch bezeichnet – aber ich kann euch versprechen, dass ich, wenn ich egoistisch wäre, genauso egoistisch wäre, wenn ich Kinder hätte.

Hee Soo Ja, das kann sein. Oder vielleicht auch genau das Gegenteil, weil die Frauen sich bewusst sind, was es mit sich bringen würde Kinder zu haben, an Verantwortung, an Zeit, an persönlicher Energie, an möglicher Diskriminierung im Arbeitsumfeld, an gesellschaftlichem Druck, an finanziellen Ressourcen und vielem mehr.

Was macht für dich eine starke Frau aus?

Amy Scott-Smith Empathie, Verständnis, Fürsorglichkeit, Emotionalität, Antrieb, Resilienz, Offenheit und die Kraft und Intelligenz, die erforderlich ist, um diese Qualitäten auszuüben. Wir sind am stärksten, wenn wir miteinander verbunden sind. Und die Eigenschaften, die diese Bindungen aufbauen, helfen uns starke, widerstandsfähige Menschen zu werden. Frauen, insbesondere POC-Frauen, müssen sich durch diese Welt mit der Last höherer Erwartungen bewegen. Sexualisiert, unterrepräsentiert, übersehen, auf unser Alter und unsere Attraktivität reduziert. Sei laut, sei still, sei egoistisch, sei demütig, aber sei, was DU sein willst, und nicht das, was dir gesagt wird, was du sein solltest. Stärke sieht bei jedem Einzelnen anders aus. Am Ende bist du stark, weil du Du bist; es hat nichts damit zu tun, ob du Kinder hast oder nicht.

Hee Soo Eine starke Frau zu sein bedeutet für mich in erster Linie Haltung zu zeigen und bewusst Entscheidungen für sich treffen, nicht für andere, nicht für die Gesellschaft, sondern selbstbestimmt zu leben, ohne sich durch die Wertvorstellungen anderer beeinflussen zu lassen.

Gefällt dir? Dann sag's weiter: