Endometriose Diagnose
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Endometriose-Tagebuch, Teil 2 || Da ist sie, die Gewissheit, sich das alles nicht nur eingebildet zu haben

„Haben Sie schon einmal etwas von Endometriose gehört?“ Denke ich heute an diese Frage, die mir mein Gynäkologe vor etwas als mehr fünf Jahren stellte, zurück, bin ich tatsächlich etwas peinlich berührt, dass ich zu diesem Zeitpunkt noch nie etwas von Endometriose gehört hatte. Kurz zuvor hatte ich ihm von meinen Beschwerden erzählt. Sehr sachlich. Nüchtern. Beinahe abgeklärt. Denn zu diesem Zeitpunkt hatte ich schon sehr vielen Ärzten_innen vor ihm von meinen Symptomen berichtet und wie soll ich es sagen: Ich war müde davon. Dass ich ihm an diesem Tag meine Geschichte erzählte, war mehr oder weniger Zufall: Meine eigentliche Ärztin war verhindert und ich wurde an ihren Kollegen verwiesen. Ein sogenannter Glückstreffer, wie sich später herausstellen sollte. Glückstreffer, weil besagter Frauenarzt (bei dem ich seitdem in Behandlung bin) bei der Aufzählung meiner Symptome, Schmerzen und Beschwerden eins und eins zusammenzählte und mir die Frage aller Fragen stellte: „Haben Sie schon einmal etwas von Endometriose gehört?“

 

Rückblickend bin ich absolut schockiert, dass ich zu jenem Zeitpunkt tatsächlich zum ersten Mal mit dem Begriff Endometriose in Berührung gekommen bin. Denn wer weiß: Vielleicht wäre mir dann vieles erspart geblieben. Zumindest in Sachen jahrelanger Schmerzen und mentaler Belastung. Aber wie sagt man noch gleich: Hätte, hätte, Fahrradkette – und so sollte ich an diesem Tag also zum ersten Mal in meinem Leben das Wort Endometriose hören. Ich musste es mir sogar aufschreiben, damit ich es nicht vergesse. Endometriose. Klingt aber auch komisch …

Zuhause angekommen, ging es los: die Goggelei, Rechercherei und Leserei zu allem, was mir Doktor Google zum Thema Endometriose ausspuckte. Und das war eine Menge. Am Ende des Tages hatte ich nicht nur Unterleibs- sondern auch Kopfschmerzen und wusste zwar eine ganze Menge Neues, aber stellte mir eine wesentliche Frage: Warum war nicht schon früher jemand auf den Verdacht dieser Erkrankung gekommen? Hätte womöglich schon längst etwas gegen die Schmerzen getan werden können? Aber wie bereits gesagt: Hätte, hätte, Fahrradkette …

Ein möglicher Therapieansatz war also gefunden. Es vergingen noch einige Monate, in denen weitere Untersuchungen durch- und Gespräche geführt wurden, ehe sich abzeichnete, wohin die Reise geht: Denn nur eine Laparoskopie kann eine sichere Diagnose bringen. Und eine Diagnose war es, was ich unbedingt wollte.

"Mit der Diagnose kam etwas anderes in Gang, nämlich das Gedankenkarussell: Was bedeutet diese Diagnose nun für mich? Werde ich in Zukunft immer noch Schmerzen während meiner Periode haben? Kann ich jemals schwanger werden? Kann die Endometriose zurückkommen? Wurden alle Herde entdeckt und entfernt?"

In die Bauchspiegelung selbst bin ich damals ehrlicherweise mit einer ziemlich großen Klappe gegangen. Typisch für mich. Ich bin recht OP- und narkoseerfahren (ob das gut oder schlecht ist, steht auf einem anderen Blatt Papier), somit haben mir die Aussicht auf eine Vollnarkose, einen Krankenhausaufenthalt und Co. keine wirkliche Angst bereitet. Im Gegenteil sogar: Irgendwie habe ich regelrecht auf den Eingriff hingefiebert, denn ich wollte sie: Gewissheit. Darüber, ob sich der Verdacht einer Endometriose bestätigt – oder eben nicht. Hauptsache Gewissheit – das war der Dreh- und Angelpunkt meiner Gedanken.

Am Tag nach der OP hatte ich sie dann, die lang ersehnte Gewissheit. Es wurden tatsächlich Endometrioseherde gefunden – und entfernt. Und da war sie also: die Diagnose. Nach so vielen Jahren. Gepaart mit dem Wissen, mir das alles nicht nur eingebildet zu haben. Nicht „einfach nur etwas schmerzempfindlicher als andere Frauen“ zu sein. Aus „normalen“ Regelschmerzen nicht mehr gemacht zu haben, als es ist.

Aber ging es mir nun besser damit, endlich zu wissen, was mit meinem Körper nicht stimmte? Nicht wirklich, denn mit der Diagnose kam etwas anderes in Gang, nämlich das Gedankenkarussell: Was bedeutet diese Diagnose nun für mich und mein weiteres Leben? Kann ich jemals schwanger werden? Kann die Endometriose zurückkommen? Können die Schmerzen zurückkommen? Wurden alle Herde entdeckt und entfernt? Fragen, auf die mir niemand eine Antwort geben konnte – wie auch …

"Heute, fünf Jahre später, kann ich tatsächlich einige dieser Fragen beantworten: Ja, die Endometriose kann zurückkommen"

Ich musste mir also eingestehen, dass es zu einfach gedacht war, eine Diagnose allein könne diesen ganzen Mist irgendwie beenden. Vielmehr waren da plötzlich all diese Fragen, die sich achterbahnmäßig in meinem Kopf überschlugen und auf die mir niemand eine Antwort geben konnte. Und so kam es, dass selbst die atemberaubende Tatsache, dass ich nun endlich keine Regelschmerzen mehr hatte, beinahe in den Hintergrund rückte, weil das Gedankenkarussell einfach nicht aufhören wollte, sich zu drehen.

Heute, fünf Jahre später, kann ich tatsächlich einige dieser Fragen beantworten: Ja, die Endometriose kann zurückkommen. Ja, die Schmerzen können wiederkehren. Mit voller Wucht und genau dann, wenn du nicht damit rechnest. Sie hauen dich sogar so sehr um, dass du es kaum glauben kannst. Woher ich das weiß? Weil auch meine Schmerzen wieder da sind. Schmerzen, die ich mir nicht einbilde, weil sie mich mit der gleichen Kraft lahmlegen wie damals. Und mit ihnen ist auch wieder die Angst da. Und der nächste Termin bei meinem Gynäkologen …

(to be continued …)

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