40er Kolumne

40 werden für Newbies oder: Du wirst einfach nur ein Jahr älter

Nachdem ich zu Beginn meiner „40 werden für Newbies“-Kolumnen ganz sicher war „Doch, 40 werden fühlt sich anders an“, muss ich nach ein paar Wochen Recherche im Freundeskreis und Lauschen auf mein eigenes Gefühl nun leider enttäuscht feststellen: Es ändert sich gar nichts! Um mich herum gibt es glückliche Vierzigjährige – und unglückliche. Einige bauen sich gerade ein Eigenheim, andere ziehen noch um die Häuser, einige sind schwanger, andere diagnostizieren sich selbst eine Sinnkrise. Also alles wie immer! Und jetzt?

"Was alle im Freundeskreis allerdings einvernehmlich bestätigt haben: Wir fühlen uns definitiv nicht mehr 30. Zum Glück! Das war ein stressiges Alter, weil die Gesellschaft um uns herum plötzlich so ernst wurde."

Was wir nicht alles verpasst hätten, wäre da nicht die eine oder andere Krise gewesen

Aber doch, einen Unterschied kann ich ausmachen: Meinen Freundeskreis eint, dass wir alle in den letzten Jahren recht gelassen geworden sind mit uns, unseren Körpern, Krisen und Lebensentscheidungen. Ich glaube allerdings, es liegt nicht daran, wie alt du bist, sondern vielmehr daran, was du bereits erlebt hast. Mein Eindruck ist: Je krisenerprobter, geschiedener oder abgebrannter du mal warst, umso gelassener gehst du durchs Leben. Der gesellschaftliche Druck der 20er- und 30er-Jahre ist passé und du befindest dich mit deinen eigenen Wünschen, aber auch innerhalb deines Freundeskreises nicht mehr auf einer Geraden, deren Ziellinie du möglichst schnell passieren möchtest. Du bist sowieso irgendwo abseits gelandet, pflückst dir einen Löwenzahn und stellst fest: Meine Güte, ist das schön hier! Das hätte ich verpasst, hätte ich diese Krise nicht mitgenommen.

Einen Jahrgang im Lebenslauf stehen zu haben, hilft vermutlich bei einer grundsätzlichen Orientierung. Nicht aber bei der Frage: Was steht jetzt an? Haus, Kind, Boot? Sondern bei der Frage: Fühle ich mich schon reif genug für diese Aufgabe? Oder sollte ich ab jetzt vielleicht etwas mehr Yoga machen, um fit durch meinen Alltag zu kommen? Es gibt Tage, an denen ich aufspringe und mich wie 34 fühle und dann gibt es welche, an denen ich auch locker eine 44 unterschreiben würde.

Was alle im Freundeskreis allerdings einvernehmlich bestätigt haben: Wir fühlen uns definitiv nicht mehr 30. Zum Glück! Das war ein stressiges Alter, weil die Gesellschaft um uns herum plötzlich so ernst wurde. Es wurde fleißig geheiratet und Familien gegründet und vielen stand eher die Angst ins Gesicht geschrieben denn die Freude. Glücklich darf sich heute schätzen, wer das ausgelassen hat. In den letzten Jahren haben sich so viele spannende, alternative Lebensmodelle eine verdiente Aufmerksamkeit erobert und ich glaube, sehr viele Menschen wären mit so etwas viel glücklicher als in diesen klassischen Modellen. Da befindet sich mein recht bunt gewürfelter Freundeskreis natürlich jetzt plötzlich in der Pole-Position. So eine Hühnersuppen-Familie reagiert auf die multiplen Krisen unserer Zeit recht resilient.

Aber die 40 setzt uns immer noch viel zu sehr unter Druck. Woran das liegt? Wie ich hörte, an einer mysteriösen Uhr! Sie scheint mit einem präzisen Schweizer Uhrwerk ausgestattet zu sein, tickt für uns Frauen ab einem Alter von 30 und mit 40 scheint so eine Durchsage zu ertönen: "Bitte packen Sie langsam zusammen. Das Freibad schließt gleich." Aber eine kurze Zwischenfrage sei an dieser Stelle erlaubt: Wer hat diese biologische Uhr eigentlich erfunden und auf das doch recht allgemeine Alter von 40 Jahren eingestellt? Und wo hängt diese ominöse Uhr denn überhaupt? Ich höre da seit Jahren nichts ticken! Und ich bin schon eine ganze Weile fortpflanzungsfähig, ich hätte das inzwischen mitkriegen müssen, oder? Läuft das mit dem Kinderkriegen und dem Leben nicht ganz anders? Ich hörte von Liebe, von Blümchen und Bienchen und von gutem Sex, aber Uhren spielen dabei, so glaube ich, keine so große Rolle – es sei denn, es geht um einen Quickie in der Mittagspause. Ein Kinderwunsch resultiert doch aus einem richtig guten Bauchgefühl zwischen zwei Menschen. Haben wir Lust auf eine gemeinsame, lebenslange Herausforderung? Diese Frage hat wohl weniger mit dem biologischen Alter zu tun als mit einer emotionalen Reife.

Bitte nicht stören: Ich genieße!

So, aber was mache ich denn nun mit meinen 40 Jahren? Es ist jetzt natürlich etwas langweilig, dass ich nicht noch schnell ein Haus bauen muss, keine Uhr ticken höre, selber für meine Orgasmen sorgen kann, mein eigenes Geld verdiene und meine Krisen inzwischen auch recht sattelfest meistere … Ach, wisst ihr was – dann genieße ich doch jetzt einfach mal mein Leben! Und ich bin stolz, dass ich so viele bereichernde, gesunde Jahre auf meinem Buckel habe. Ich möchte keines davon missen, ganz gleich wie schwer einige waren. Aber die 40 ist auch nur eine Zahl, sie hat keine magischen Fähigkeiten. Hier endet nichts und es fängt auch nichts an – es geht einfach weiter. Löwenzahn hingegen, nach dem sollten wir links und rechts mal Ausschau halten…

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