40 werden für Newbies oder: Die Sache mit der Solidarität unter Frauen
Letztens habe ich Sperrmüll entsorgt, als mir beim schwungvollen Wegwurf eines uralten, unglaublich hässlichen Porzellans der Tante meiner Urgroßmutter ihrer Schwester dritten Grades, das aus unerfindlichen Gründen den Weg auf meinen Dachboden gefunden hatte, etwas ins Auge sprang. Leider kein attraktiver Mitarbeiter des Wertstoffhofs. Porzellan war es zum Glück aber auch nicht. Vermutlich einfach sehr alter Staub.
"Und dann plauderte sie in schönstem Schweizerdeutsch über die Trennung von ihrem Mann, den sie vor ein paar Jahren verließ, eben kurz nachdem sie 40 Jahre alt geworden war. Klar, das Geld sei öfter mal knapp und sie arbeite hart, im Job wie Zuhause mit ihren Kindern. Aber sie sei glücklich mit einem tollen Freundeskreis und ihrem neuen Selbstvertrauen. Innerhalb von zwei Minuten entstand eine ungekannte Solidarität zwischen zwei Frauen, die ihr Leben schon ein kleines Stück gelebt hatten, einige Tiefen erlebt und wussten: Es geht nur miteinander."
Ehe ich mich versah, saß ich mit der Sprechstundenhilfe meiner Augenärztin in einem kleinen dunklen Raum und hielt mein Auge vor irgendein Gerät. Der Staub aus dem Jahr 1900 hatte sich bereits seinen Weg in die Freiheit von 2023 gebahnt und mein Auge war einfach nur noch rot. Aber wo ich doch schon mal da war, konnten wir ja noch schnell meine Sehstärke überprüfen. Und was soll ich sagen, hundertprozentiges Sehvermögen! Ich jubelte und wies kurz auf mein vorangeschrittenes Alter von bald 40 Jahren hin. Da sah sie von ihren Messinstrumenten hoch und schmunzelte: „Ja, das habe ich eben auch in Ihrer Patientenkarte gesehen. Kein Wunder, dass Sie das Porzellan entsorgt haben. Diesen ganzen Plunder brauchen Sie auch gar nicht nicht mehr – das Beste kommt nämlich ab jetzt und da reisen Sie besser mit leichtem Gepäck.“
Warum bin ich eigentlich nicht früher vierzig geworden?
Und dann plauderte sie in schönstem Schweizerdeutsch über die Trennung von ihrem Mann, den sie vor ein paar Jahren verlassen hatte, eben kurz nachdem sie 40 Jahre alt geworden war. Klar, das Geld sei öfter mal knapp und sie arbeite hart, im Job wie Zuhause mit ihren Kindern. Aber sie sei glücklich mit einem tollen Freundeskreis und ihrem neuen Selbstvertrauen. Innerhalb von zwei Minuten entstand eine ungekannte Solidarität zwischen zwei Frauen, die ihr Leben schon ein kleines Stück gelebt hatten, einige Tiefen erleben mussten und wussten: Es geht nur miteinander.
Auch lesenswert: Teil 1 unserer Kolumne "40 werden für Newbies oder: Sollte ich noch flink ein Haus kaufen, damit ich glücklich werde?"
Herzlich Willkommen, Solidarität!
Mir wurde bewusst, wie sehr wir Frauen uns in jüngerem Alter, ganz gleich wie sehr wir uns mögen, auch immer ein bisschen oder ein bisschen mehr konkurrieren. Um die Karriere, ums Aussehen, um einen Mann. Und, dass das gerade hier in diesem kleinen dunklen Zimmer, zwischen alten Staubkörnern und neuen Geschichten, geröteten Augen und roten Fingernägeln, überhaupt gar keinen Raum mehr einnahm. Mir wurden noch nie so viele Komplimente von Frauen gemacht, wie in den letzten Monaten. Und die Anekdote bei meiner Augenärztin ist auch nur eine von vielen, die ich hier erzählen könnte und die mein Herz so sehr erwärmen. Wir sind jetzt miteinander! Wir helfen einander, wir öffnen uns gegenseitig Türen, einfach so. Weil wir wissen, dass es gar nicht anders geht und dass es genug Platz für uns alle dort nebeneinander und miteinander gibt. Das tut so gut!
Ich war nie ein Mensch, der sehr große Konkurrenz empfunden hat. Vielleicht weil ich selbst oft privilegiert bin, aber seit ich den Unterschied spüre zwischen meinen Dreißigern und den Frauen in ihren Vierzigern, achte ich darauf den Frauen in meiner Umgebung immer eine Tür zu öffnen, meine Unterstützung anzubieten, noch mehr Mädels ins Boot zu holen und Netzwerke zu knüpfen. Bienvenue, Solidarité!