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Kann Heiraten und die Ehe feministisch sein? 3 Leserinnen erzählen von ihrem persönlichen Weg
Kann Heiraten feministisch sein? Mit dieser Frage habe ich mich kürzlich via Instagram an euch gewandt und nach euren persönlichen Meinungen und Erfahrungen gefragt. Erreicht haben mich daraufhin drei Geschichten von Leserinnen, die ihren persönlichen Weg und ihre Antwort auf diese Frage beschreiben. Trotz unterschiedlicher Ansätze sind sich Lisa, Rebecca und Ayla in ihrer Kernaussage einig: Ja, Heiraten kann feministisch sein – wenn dabei einige wichtige Faktoren beachtet und respektiert werden …
Auch ich glaube, das Heiraten feministisch sein kann. Davon erzähle ich euch bald in einem separaten Text mehr. Vorher möchte ich euch aber gerne die persönlichen Geschichten und Wege von Lisa, Rebecca und Ayla vorstellen, drei Frauen, die sehr inspirierend und reflektierend auf das Thema Heiraten und Ehe – aber auch auf die Liebe – blicken. Danke für eure Worte, ihr Lieben!
Ich bin 31 Jahre alt und seit 3 Monaten verheiratet. Ich bin mit einer emanzipierten, alleinerziehenden und selbstständigen Mutter aufgewachsen und hätte nie gedacht, dass ich jemals auf die Idee kommen könnte, zu heiraten. Hatte ich doch bei meinen Eltern mitbekommen, wie es ist, eine Scheidung durchmachen zu müssen – auf beiden Seiten.
Nun wuchs mit der Beziehung zu meinem Mann der Wunsch, unsere Verbindung offizieller zu machen und dem anzugleichen, was ich bereits jahrelang empfunden hatte. Ich recherchierte, näherte mich dem Thema, las viel über partnerschaftliche Abkommen, die es im Ausland gibt. Wir diskutierten darüber, ohne dass mein Mann wusste, dass sich ein Wunsch in mir regte. Ich bin mehrmals richtig wütend geworden, dass es in Deutschland keine dieser Formen des Zusammenlebens gibt. Ich hatte nur die Wahl zwischen „als weitestgehend unverbunden vor dem Gesetz zu gelten“ und „der Institution Ehe“.
Mein Wunsch war, auch nach sorgfältiger Prüfung, ob ich einer gesellschaftlichen Prägung auf den Leim gehe, weiterhin bestehend. Also entschied ich mich, das ganze Thema so feministisch anzugehen, wie nur möglich.
„Je gleichberechtigter die Ehe geführt wird, desto entspannter läuft eine mögliche Scheidung. Achten Sie immer darauf, gleichberechtigt zu bleiben.“
Ich informierte mich, allein im stillen Kämmerlein ohne dass irgendjemand davon etwas mitbekam (auch mein Mann nicht), über die Konsequenzen einer Ehe. Und das rechtlich, sowie emotional. Ich lernte die Vokabeln: Zugewinnausgleich, Güterstand, Versorgungsausgleich, Unterhaltsrecht … Feministisch lebt, wer seine Hausaufgaben macht, gerade bei Themen, die so oft unfeministische Folgen gehabt zu haben scheinen. Erst nach langer Bedenkzeit (ca. 6 Monate), entschied ich mich, den Antrag zu machen. Meiner Meinung nach die nächste feministische Komponente, da 98% der Anträge von Männern gemacht wurden. Er sagte ja, wir begannen die Planung.
Als meine Mutter von der Idee erfuhr, machte sie mich auf ihr Versprechen aufmerksam, was sie meiner Schwester und mir bereits als Teenager unterbreitete: Wenn ihr entscheidet zu heiraten, schenke ich euch zur Verlobung eine Erstberatung bei einer Familienanwältin. Nicht, weil sie uns davon abbringen wollte (sie hatte in der Zwischenzeit bereits erneut geheiratet) sondern, weil sie wollte, dass wir eine fundiert informierte Entscheidung treffen können.
Mein Mann war bei der Beratung dabei, die Anwältin hat offen und ehrlich über mögliche Risiken und Konsequenzen gesprochen. Sie hat uns Tipps für die Führung der Ehe mitgegeben. Der wertvollste in aller Kürze: „Je gleichberechtigter die Ehe geführt wird, desto entspannter läuft eine mögliche Scheidung. Achten Sie immer darauf, gleichberechtigt zu bleiben.“ Es bestärkte mich in meiner Ansicht, Dinge müssten vorab besprochen werden. Bedingungen geschaffen, ein möglicher Ehevertrag in Erwägung gezogen werden.
"Ich ging alleine zum Altar, da die Eheschließung eben nicht einen „Handel“ zwischen meinem Mann und meinem Vater darstellte"
Ich ging offen damit um. Wenn man mich fragte, erzählte ich davon. Es gab viele Reaktionen, vom „Ich halte mich da raus“-Schweigen zu „Wie unromantisch“. Jedoch: Die Freundinnen, die mich seit Jahren in meiner Lebensreise als Frau begleiten, haben es gefeiert. Und ich wusste erneut: Das ist der richtige Weg.
Wir planten die Hochzeit, meine Informationsreise ging weiter. Ich bildete mich in Sachen Bräuche und deren (erschreckend oft!) antifeministischen Hintergründen. Ich habe darauf bestanden, sie nicht durchzuführen. Ich ging alleine zum Altar, da die Eheschließung eben nicht einen „Handel“ zwischen meinem Mann und meinem Vater darstellte. Ich warf keinen Brautstrauß, denn jede sollte selbst entscheiden, ob sie heiraten möchte. Es macht keine Frau „vollwertiger“ verheiratet zu sein, also muss ich meinen „Segen“ einer verheirateten Frau nicht weitergeben. Ein Schleier kam mir ebenfalls nicht „in die Tüte“, ich bin doch kein Geschenk, was möglichst verhüllt werden sollte, damit mein Mann sich aufgrund meines Aussehens nicht noch umentscheidet. Mein Kleid war locker entspannt, ich habe mit Größe 46 keine Shapewear getragen, auch wenn es mir allzuoft „angeboten“ wurde. Ich habe mich selbst geschminkt, sah so aus, wie mein Mann mich kennt. Wir haben dieselben Ringe, meiner nur ein bisschen schmaler für meine kleineren Hände. Kein „Steinchen“, kein romantisch „feminines“ Weichzeichnen. Jeder Frau, die sich all das wünscht, mache ich keinen Vorwurf. Es sollte nur wirklich ein Wunsch sein und nicht dieses ewig währende „das macht man so“.
Die Hochzeit fand statt, so wie wir es uns gewünscht haben. Es wurde respektiert, dass vieles anders war „als man es macht“. Ich habe darauf bestanden, keine Küchengegenstände geschenkt zu bekommen, scheint es doch eine Hommage an ein zukünftiges Hausfrauenleben zu sein. Manch einer Großmutter fiel dies schwer, aber mit geduldiger Erklärung konnten sie uns verstehen.
"Ob ich der Meinung bin, die Ehe kann feministisch sein? JA."
Nun sitze ich hier, am Ende einer (Planungs- und Entwicklungsreise) und bin stolz. Stolz auf meine Mutter, die sich nicht beirren ließ, den Vorschlag mit der Familienanwältin zu machen. Stolz auf mich, wie ich mich informiert habe und dem „es muss alles so romantisch sein, man heiratet doch aus LIEBE“-Narrativ widerstanden habe. Und das nicht nur einmal.
Die Steuerklassen sind festgelegt und werden nicht verändert werden. IV & IV, alles andere fördert Ungleichheit. Ich weiß so etwas, weil ich mich diesen Themen stelle, auch in der Partnerschaft. Ich bin dankbar dafür, dass die Frauen meiner Familie (allen voran meine Mutter, aber auch meine Großmutter) mir von klein auf mitgegeben haben, ich soll unabhängig bleiben. Und das nicht aus Vermeidung, sondern als Glück- und sinnstiftende Haltung, die Raum für Liebe lässt.
Die Reise geht weiter. Gerade stapeln sich hier Bücher zum Thema Carearbeit, Finanzplanung während der Elternschaft, Ratgebern gegen Altersarmut von Frauen, Vereinbarkeit von Familie und Beruf und selbstbestimmte Schwangerschaften (und das bevor ich meine Verhütung absetzen werde).
Wir werden die Anwältin erneut kontaktieren, denn wir haben einen Deal. Ändert sich etwas in der Partnerschaft (Kinder, große Anschaffungen etc.), verhandeln wir erneut. Nicht, weil wir unromantisch sind, sondern weil wir unsere Partnerschaft stabilisieren wollen. Niemand von uns beiden soll in etwas „hineingeraten“ womit sie/er unglücklich ist. Und sind wir ehrlich: Im „in Dynamiken hineingeraten“ sind wir Frauen leider gefährdeter, in dieser patriarchalen Welt.
Ob ich der Meinung bin, die Ehe kann feministisch sein? JA. Man kann den Mittelweg finden zwischen „sich nicht binden, weil es schwer werden kann“ und „sich aus Liebe in etwas hineinstürzen“. Ich bin meinem Herzen gefolgt. Ich machte meinen Mann zu Familie, habe aber auch immer auf die „feministische Herzkammer“ gehört. Das war streckenweise nicht einfach, aber so ist es nunmal mit feministischen Kämpfen.
Ich, cis-Frau und Feministin, heirate im Juni (m)einen cis-Mann standesamtlich und will ganz bewusst nicht „traditionell“ heiraten. Ich merke aber schon jetzt, wie schwer das gegenüber der Familie zu vertreten ist. Ich hole mal etwas aus mit unserer Geschichte: Mein Freund und ich sind seit 2013 zusammen, 2017 habe ich ihm zum Geburtstag in unserem Urlaub auf den Philippinen einen Antrag gemacht. Es war mir wichtig, dass ICH ihm den Antrag mache und nicht umgekehrt, weil mich schon damals diese „klassische“ Rollenverteilung gestört hat. Ich habe damals unterschiedliche Reaktionen bekommen: Viele fanden es „feministisch“ oder „verrückt“, einer fand es sogar „bescheuert“. Und ehrlich gesagt wollte ich damit auch polarisieren.
Dann passierte erstmal drei Jahre nichts, weil ich dann doch wieder Zweifel hatte, ob mir eine Hochzeit und die Ehe wirklich so wichtig sind. Diese ganzen Klischees und Rollenverteilungen. Und vor allem eine Bindung für immer?! Ich war sehr unsicher und bat meinen Freund, die Hochzeitspläne erstmal ruhen zu lassen. Während ich das schreibe, merke ich, wie unfair das auch war: Ich mache IHM den Antrag und ziehe ihn dann doch zurück. Er hat das damals alles akzeptiert.
"Ich als bekennende Feministin wollte heiraten, um finanziell abgesichert zu sein. Wtf?!"
2020 kam dann der Wunsch wieder auf, doch zu heiraten. Ich merkte in mir das Gefühl, unsere Liebe „offiziell“ machen zu wollen. Der Gedanke und das damit ausgelöste Gefühl, vor allen JA zueinander und zu einem gemeinsamen Leben zu sagen, wurde immer größer und wichtiger. Doch dann war da ja Corona und ich war ziemlich froh, dass wir das 2020 dann gelassen haben.
2021 wollte ich dann in einer Kurzschlussreaktion heiraten, weil mein Arbeitslosengeld auslief und mich Ängste heimsuchten bzgl. meiner finanziellen Versorgung. Ich verfiel in eine mittelschwere Depression und wir sagten die Hochzeit doch ab. Aber auch hier: Ich als bekennende Feministin wollte heiraten, um finanziell abgesichert zu sein. Wtf?! Ich, die Unabhängige, die Taffe, die Selbstbewusste. Tja, aber das war ich damals nicht. Ich habe damals lernen müssen, dass es okay ist, auch abhängig zu sein und dass es nichts an der Liebe zueinander ändert. Der Satz meines Freundes änderte dann sehr viel für mich: „Wenn es mir mal schlecht geht, dann kann ich mich doch finanziell auch auf dich verlassen.“ Und ja, da hat(te) er recht. Die Ehe einzugehen, heißt eben auch, dass ich für ihn sorge. Nun muss ich dazu sagen, dass wir gehaltlich mittlerweile gleich aufgestellt sind – bzw. ich sogar etwas mehr verdiene. Das ist ein Privileg und nicht die Normalität.
Jetzt 2023 dann der nächste und hoffentlich letzte Heiratsversuch: Wir wollen zu unserem Zehnjährigen am 20. Juni standesamtlich im kleinen Kreis heiraten. Und es fühlt sich endlich richtig und gut an. Und vor allem passiert es aus den richtigen Gründen, nicht aus Ängsten oder finanzieller Absicherung.
Wovor ich aber noch Schiss habe, ist, meinem Papa zu sagen, dass ich nicht von ihm zum „Altar“ (alias Standesamt) geführt und „übergeben“ werden möchte. Weil ich das nach wie vor patriarchal und unnötig finde. Ich bin keine „Sache“, die von meinem Vater an meinen zukünftigen Ehepartner übergeben werden soll. Ich weiß aber auch, dass es meinem Papa wichtig ist und es ihn bestimmt auch verletzt. Ich werde ihm meine Entscheidung begründen und auch sagen, dass ich verstehe, wenn ihn das verletzt. Dass es mir aber wichtig ist, meinen Werten treu zu bleiben. Ich glaube auch, dass er es zumindest annehmen kann.
"Ich habe keine Lust auf diese ganzen „Mr. & Mrs.“ Flaggen oder auf so etwas wie eine Brautentführung. Da würgt es mich."
Meinem Freund habe ich auch angeboten, dass ich vor dem „Altar“ auf ihn warte und er auf mich zuschreitet. Ich finde diesen Moment, wenn wir uns zum ersten Mal sehen, einfach so magisch – und möchte ihn gerne mit den Anwesenden teilen. Aber meinem Freund ist das gar nicht so wichtig. Mal sehen, wie wir es handhaben werden.
Ich habe auch kein Bock auf dieses ganze „hiermit erkläre ich sie zu Mann und Frau“. Erstens waren wir das schon davor und zweitens unterstreicht es noch mehr die Geschlechterbinarität in unserer Gesellschaft, die ich sowieso ablehne. In München kann mensch leider nichts „individuelles“ erwarten, aber ich hoffe, dass die Standesbeamt*innen sich wenigstens einige Gedanken dazu machen. Ich fände so etwas wie „hiermit erkläre ich sie zu rechtmäßigen Eheleuten“ besser.
Ich habe keine Lust auf diese ganzen „Mr. & Mrs.“ Flaggen oder auf so etwas wie eine Brautentführung. Da würgt es mich.
Ich entscheide mich für die Ehe mit meinem Herzensmenschen, weil ich ganz offiziell der Welt zeigen will: Wir sind ein Team, wir gehören zusammen. Dass das vor dem Gesetz nur mit einer Heirat geht, ist ärgerlich, aber das „Risiko“ gehe ich ein. Viele Vorteile vom Staat (z.B. steuerlich, Kostenunterstützung bei künstlicher Befruchtung etc.) sind diskriminierend für Menschen, die sich nicht für die Ehe entscheiden. Ich setze mich weiterhin dafür ein, dass diese Vorteile allen zu Gute kommen und nicht nur das Modell der „traditionellen Familie“ gestärkt und unterstützt wird. Ich nutze meine Privilegien, um weniger privilegierten Paaren zu helfen. Trotzdem möchte ich meinen Herzensmenschen heiraten. Ich finde, auch Heiraten und die Ehe sind feministisch, wenn sie aus freier Entscheidung passieren. „Frei“ bedeutet für mich ohne finanziellen, familiären, gesellschaftlichen oder politischen Druck – dass das nicht immer ganz eindeutig zu sagen ist, ist mir auch bewusst. Feminismus bedeutet auch hier für mich: Ich habe die Wahl. Und ich habe (aus meiner privilegierten Position heraus) die Wahl.
Genau wie beim Thema Kinderkriegen, wird uns meist auch vom Heiraten nur ein einseitiges Bild vermittelt: das Happy End, das jedes Mädchen zu erreichen hat. Die Ehe hingegen wird bei vielen Filmen und Serien wie "King of Queens", "Alle unter einem Dach" und „HIMYM“ ganz unterschiedlich dargestellt – für mich zeichnete sich von kleinauf ein ziemlich einheitliches, negatives und eher frauenfeindliches Bild ab, das auch über Social Media Clips und Memes vermittelt wird: Die Ehefrau gibt das Geld des Mannes aus, meckert zu viel, nervt, ist Hausfrau (und Mutter), der Mann vermisst seine Freiheiten, ist nur am arbeiten, hat Fesseln am Fuß und Sex gibt’s auch nicht mehr. Für mich war daher das „Ehefrau sein“ immer abtörnend.
Mir ist immer wichtig, Traditionen und dieses „das haben wir immer schon so gemacht“ zu hinterfragen. Dazu zählt auch Heiraten.
"Warum möchte ich überhaupt heiraten? Weil ich mit dem Film „27 Dresses“ aufgewachsen bin, Carrie, Ted und anderen Hauptfiguren dabei zugeschaut habe, wie sie heiraten?"
Historisch gesehen, hatten Frauen meist keine Wahl. Oft wurden sie ja auch zwangsverheiratet – bis heute – weil es Vorteile für die Familie oder sie selbst hat, teils sogar überlebenswichtig. Noch bis vor 100 Jahren durften Frauen nicht studieren, nicht Auto fahren, nicht arbeiten oder nur mit Erlaubnis ihres Mannes – und selbst dann, verwaltete der Mann ihr Gehalt. Erst in den 60ern durften Frauen ein eigenes Konto eröffnen. Das alles machte Frauen abhängig von einem Mann (und drängte auch dazu, Hausfrau zu werden). Ich denke, daher ist es wohl noch in unseren Köpfen, unbedingt heiraten zu wollen. Ich – mit meinem türkischen und eher konservativeren Hintergrund – wurde sogar genau so erzogen. Meine Oma schimpfte, wenn ich mit neun Jahren noch nicht Brot backen konnte – so könne ich ja keinen Mann finden! Sie schimpfte, weil sie glaubte, davon hinge meine Zukunft, meine Sicherheit ab. Bis heute besteht sie darauf, dass ich heiraten müsse, um finanziell abgesichert zu sein, dabei haben sich die Zeiten zum Glück verändert und ich kann unabhängig von einem Mann arbeiten, wohnen und Geld verdienen.
An sich ist heiraten wollen ja nichts Unfeministisches. Aber es gibt ein paar Fragen, die man sich stellen sollte:
Warum möchte ich überhaupt heiraten? Weil ich mit dem Film „27 Dresses“ aufgewachsen bin, Carrie, Ted und anderen Hauptfiguren dabei zugeschaut habe, wie sie heiraten? Weil es dazu gehöre, um glücklich zu sein? Weil ich Angst davor habe, alleine zu sein? Weil ich Angst davor habe, verlassen zu werden? Kommt der Wunsch vielleicht von einem komplexen, psychisch bedingten, manchmal unterbewussten Nachhol-Bedürfnis, wie Familie wollen, wenn man selber keine hatte oder Selbstwertgefühl aufbessern, wenn Aufmerksamkeit oder liebe Zugeständnisse fehlten? Oder lässt man sich von der Multimillionen Euro-Industrie verführen, will eine riesige Feier oder einfach nur mal Prinzessin sein mit einem einmal-verwendbaren weißen Kleid? Wie in Japan, wo Frauen einfach alleine heiraten, wenn sie keinen Partner finden – Hauptsache, sie haben eine Hochzeit und schöne Fotos. Endlich normal sein wollen. Dazugehören. Das machen, was alle machen.
Ich finde es wirklich wichtig, die Gründe und Motivation zu hinterfragen, um sicherzugehen, dass es kein Fehler ist, sich vertraglich an einen anderen Menschen zu binden.
Heiraten kann feministisch sein, wenn der Wunsch nicht durch äußere Einflüsse kommt
Ich finde, dass man vor der Ehe unabhängig sein sollte, sich selbst lieben gelernt haben sollte, alleine gewohnt haben und alleine Reisen gemacht haben sollte. Einfach, damit man weiß, wer man selber ist und was man in einem Partner sucht – aber auch, dass einem nichts fehlt oder weggenommen wird, wenn die Ehe doch nicht halten sollte. Vor dem Heiraten sollte man auch mal mit dem Partner oder der Partnerin zusammen gewohnt und Urlaub gemacht haben.
Meiner Meinung nach kann Heiraten feministisch sein, wenn der Wunsch nicht durch äußere Einflüsse (oder innere, psychische Hintergründe) kommt. Und eine Ehe kann feministisch sein, wenn die Beziehung gleichberechtigt ist, keiner durch Sozialisierung bewusst oder unterbewusst unterdrückt wird oder eigene Bedürfnisse und Ziele zu kurz kommen. Zum Beispiel muss man auch nicht wortlos davon ausgehen, dass Frau den Nachnamen des Mannes annimmt.
In einer Partnerschaft sollte sich gegenseitig respektiert, geschützt und gestärkt werden. Für mich persönlich habe ich alles, was ich mir wünsche und sehe keinen Mehrwert – eher sogar viele Nachteile – im verheiratet sein. Meiner Meinung nach macht eine Hochzeit nur Sinn, wenn es dadurch systembedingt gesetzliche (Steuer-)Vorteile für einen gibt.
Drei grossartige Menschen, dir so sehr durch das Thema gegangen sind. Ihre Reflexionen sind wertvoll für sich und andere/uns.
Für mich ist es immer sehr bewegend und als „Wissen“ kompletter und nachhaltiger, wenn Inhalt durch persönliches Erleben gezeigt wird. danke
Einfach wundervoll geschrieben. Hier findet man drei sympathische Frauen, die ihre Gedankengänge und Erfahrungen schildern. Chapeau an alle drei, dass sie ihre Werte trotz gesellschaftlichen Drucks hochgehalten haben.