Mir geht es okay

„Hey, wie geht’s?“ – Von der Challenge, auf eine einfache Frage ehrlich zu antworten

Hey, wie geht’s? Was für die einen eine total normale Frage aka der ultimative Einstieg in ein Gespräch ist, ist für die anderen der ultimative Endgegner. Auch für mich, zumindest an manchen Tagen. Denn was, wenn man an diesen Tagen am liebsten mit einem ehrlichen „Katastrophal“ antworten würde, am Ende aber doch das obligatorische „Danke gut - und dir!?“ rausbringt? Und wo wir schon dabei sind, uns Fragen zu stellen: Warum verbringen wir so viel Zeit und Mühe damit, ständig allen vorgaukeln zu wollen, bei uns sei alles tutti, obwohl es das eben nicht immer der Fall ist?! Vielmehr stellt sich sogar die Frage, warum wir nicht zumindest mit einem „Mir geht’s okay“ oder „So lala“ antworten. Eine Antwort, die immerhin impliziert, dass eben nicht alles happy clappy ist. Aber eben auch nicht zwingend desaströs …

 

Hand aufs Herz: Ich übe das mit dem „Mir geht’s okay“ bis heute. Es gibt Tage, an denen es mir leichter fällt, offen zu kommunizieren, wie es mir geht und dann gibt es eben wieder Tage, an denen das automatisierte „Mir geht’s super“ schneller aus mir rausgesprudelt kommt, als ich überhaupt an das Wort „okay“ denken kann. Aber ich werde besser. Stück für Stück.

Wenn bei der Frage nach dem Gemütszustand keine Antworten, sondern Flunkereien kommen

Und während ich so vor mich hin übe, suche ich nach Antworten, warum ich immer wieder dazu neige, zu flunkern, wenn es um meinen Gemütszustand geht. Vielleicht, weil es in meinem Kopf schlichtweg verankert ist, niemanden zur Last fallen zu wollen. Oder vielleicht, dass ich nicht zwingend jedem Gegenüber davon berichten möchte, das irgendwie eine Menge schief läuft. Und vielleicht auch, weil ich es bei vielen Menschen in meinem Umfeld, die mit einem automatischen „Uff, muss ja …“ antworten, zeitweise als echt anstrengend empfunden habe, dass sie eine gewisse Dauernörgeligkeit leben, ohne dabei auch mal Dinge ins Positive zu kehren. Denn genau das versuche ich - Dinge ins Positive zu kehren, auch wenn sie vermeintlich negativ und nervig und ätzend sind. Ob das aber der ausschließlich richtige Ansatz ist? Das weiß ich nun wirklich nicht … Was ich für mich hingegen weiß, ist, dass es zwischen eben angesprochenem Dauernörgeln und dem Satz „Mir geht’s okay“ definitiv einen Unterschied gibt. Einen Unterschied, den vermutlich für sich jede:r ganz individuell finden, definieren und leben muss. Aber ich weiß eben auch, dass es uns nicht immer gut gehen kann. Aber eben auch nicht schlecht. Sondern an manchen Tagen eben okay – und das reicht an eben diesen Tagen voll und ganz.

"Während es vielen Menschen wirklich leicht fällt, offen und frei heraus ihren Gemütszustand zu kommunizieren, sitzt in meinem Fall ein gar nicht mal so kleines sozialisiertes Teufelchen auf meinen beiden Schultern und flüstert mir ins Ohr, dass es einfacher sei, zu sagen, es gehe mir gut."

Die Sache mit dem „Mir geht’s heute eher so lala aka okay“ ist aktuell wohl eine meine größten Challenges. Denn während es vielen Menschen wirklich leicht fällt, offen und frei heraus ihren Gemütszustand zu kommunizieren, sitzt in meinem Fall ein gar nicht mal so kleines sozialisiertes Teufelchen auf meinen beiden Schultern und flüstert mir ins Ohr, dass es einfacher sei, zu sagen, es gehe mir gut. Schon allein aus dem guten Grund, um Nachfragen und daraus resultierende Gesprächsschleifen zu umgehen. Oder um die teilweise so anstrengenden Begrüßungsfloskeln einfach schnell durchzuboxen. Und weil es an manchen Tagen auch der Weg des geringsten Widerstandes ist, bloß nicht darauf hinzuweisen, dass man sich nicht in ultimativer Topform, sondern eben in einem okay-Zustand befindet. Einfach, weil die Stimmung eben nicht gut und kraftvoll genug ist, um explizit zu erklären, warum es mir eben „nur“ okay geht. Aber – um wieder die Dinge ins Positive zu kehren – wenn es mir okay geht, bedeutet das immerhin schonmal, dass es mir nicht hundeelend geht. Ein Status, auf den ich mich an Tagen, die nicht tiptop sind, einlassen kann. Fehlt nur noch der kleine Step, auch meinen Gesprächspartner:innen darüber in Kenntnis zu setzen … Klingt doch eigentlich machbar, oder? Also, packen wir’s an, okay?!

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