Warum seid ihr nicht verheiratet

„Warum seid ihr eigentlich nicht verheiratet?“ Ja, warum eigentlich nicht?

Neben dem schier omnipräsenten „Warum habt ihr eigentlich keine Kinder?“ gibt es eine weitere Frage, die mein Freund und ich in unserer inzwischen gar nicht mal so kurzen Beziehung immer wieder beantworten mussten: „Wann heiratet ihr eigentlich?“ bzw. „Warum seid ihr eigentlich nicht verheiratet?“. Tja, warum sind wir das eigentlich nicht? Denn per se gegen die Ehe sind wir nicht. Und doch hat es die Frage nach einer Hochzeit oder dem Wunsch verheiratet zu sein – offensichtlich – in all den Jahren noch nicht bis ganz nach oben auf unsere persönliche Bucket-List geschafft.

Keine Frage, ich liebe Hochzeiten. Die Stimmung, diese ganz besondere Atmosphäre. Verschmierte Wimperntusche, weil Freudentränen wie kleine Sturzbäche fließen. Und Liebe im Raum und in the air in Form kleiner imaginärer Herzen umherflattert. Oh ja, all das mag ich sehr. Und doch habe ich bisher noch nie eine Hochzeit mit dem sehnlichen Wunsch verlassen, nun auch unbedingt heiraten zu wollen. Woran es liegt, kann ich an dieser Stelle gar nicht wirklich sagen. Ich glaube, ich habe mir bislang schlichtweg nie etwas aus Heiraten gemacht – so einfach ist es eigentlich auch schon.

Heiraten ist und bleibt dennoch eines der ultimativen Themen unserer Gesellschaft. Dafür sorgen Blockbuster-RomComs aus Hollywood und nicht zuletzt filmreife Wedding-Vibes, die uns Instagram und Co. von romantischen Stränden und den pompösesten Locations dieser Welt in unseren Feed spülen. Dazu muss gesagt werden, dass die Hochzeit aus Liebe ein vergleichsweise junges Phänomen ist, auch wenn diese Form der Selbstbestimmung leider bis heute noch längst nicht überall angekommen ist. Insofern hat Heiraten inzwischen durchaus selbstbestimmte Facetten, keine Frage – aber nicht eben nur …

"Wer den Strauß nach einer wilden Rangelei fängt, wird der Überlieferung nach als nächste glückliche Braut vor den Altar treten. Denn falls ihr es noch nicht wusstet: Als Frau ledig zu sein und – noch schlimmer: es auch noch zu bleiben – ist ein absolutes No-Go! In diesem Sinne: Fightet um den Brautstrauß, Girls, fightet! Ironie off."

Zur Wahrheit gehört nämlich auch, dass man sich mit Blick auf die Ehe nicht vor dem versperren sollte, was meinem feministisch schlagendem Herz diverse Stiche versetzt. Dabei soll dieser Text nun keine Abhandlung über die Frage werden, ob Heiraten feministisch ist, oder nicht. Denn Hand aufs Herz: Das ist es nicht wirklich. Den Anfang machen zum Beispiel viele traditionelle Abläufe und Bräuche bei einer tyisch klassisch-traditionellen Hochzeit, die nicht mehr als patriarchale Konstrukte sind. Lasst uns beispielsweise über die väterliche Übergabe der Braut an ihren Zukünftigen sprechen. Hierbei wird die Frau als Besitz des Vaters an ihren neuen Besitzer übergeben. Wow. Oder die Sache mit dem Brautstraußwurf an all die Single-Ladies. Wer den Strauß nach einer wilden Rangelei fängt, wird der Überlieferung nach als nächste glückliche Braut vor den Altar treten. Denn falls ihr es noch nicht wusstet: Als Frau ledig zu sein und – noch schlimmer: es auch noch zu bleiben – ist ein absolutes No-Go! In diesem Sinne: Fightet um den Brautstrauß, Girls, fightet! Ironie off. Dann wäre da noch die Sache mit dem Nachnamen. Wusstet ihr, dass bis 1958 der Nachname des Mannes automatisch auch der Familienname wurde? Seit diesem Jahr konnte die Frau ihren Nachnamen zumindest an den männlichen Nachnamen anhängen. Erst seit 1976 kann ein Paar wählen, welcher Nachname als Familienname getragen werden soll – oder ob die Eheleute schlichtweg ihren jeweiligen Nachnamen behalten. Trotzdem wählen mehr als 90 Prozent aller heterosexuellen Ehepaare auch heute als Familiennamen – Überraschung – den des Mannes. Die Gründe dafür sind unterschiedlich – dass in diesen mehr als 90 Prozent der Mann jedoch den schöneren und wohlklingenderen Nachnamen mit in die Ehe bringt, wage ich zu bezweifeln.

"Ich will nicht heiraten, um in eine besser Steuerklasse zu rutschen. Oder es leichter bei einer Bank zu haben, wenn es darum geht, einen Kreditantrag für ein Eigenheim zu stellen. Ich will auch nicht heiraten, um unbedingt denselben Nachnamen wie mein Partner zu tragen. Ich würde heiraten, weil ich es mir mit einzig und allein dieser Person vorstellen kann."

Kommen wir aber zurück zu der Frage, ob ich den Wunsch verspüre, verheiratet sein zu wollen. Beantworten lässt sich diese Frage nur ganz individuell, vielleicht gibt es hier kein Richtig oder Falsch. Und somit müsste ich für meinen Teil diese Frage vermutlich zunächst mit einem Nein beantworten. Denn: Ich wollte nie einen Partner, um zu heiraten. Was ich hingegen immer wollte, ist ein Partner, mit dem ich so richtig Lust habe, zusammen durchs Leben zu gehen. Und wisst ihr was? Lucky me – genau den habe ich und dafür bin ich absolut dankbar. Seit mehr als zehn Jahren gehen wir inzwischen gemeinsam durchs Leben, als Team, als Einheit, als Paar, als beste Freunde. Höhen und Tiefen begegneten uns auf diesem Weg genauso wie kleinere und größere Meilensteine, die am Ende immer wieder gezeigt haben: Jau, wir zwei – dat passt zusammen. Dass wir nicht verheiratet sind, hat uns dabei nie gestört oder in irgendeiner Form beeinflusst und demnach ist und bleibt es die Frage aller Fragen, ob wir also an diesem Zustand jemals etwas ändern werden. Denn fest steht: Wir wollen zusammenbleiben – eine Gewissheit, für die wir nur uns brauchen, keinen Trauschein. Und doch sagt die alte Romantikerin in mir manchmal: Hey, frag ihn doch, ob er Bock hat, dich zu heiraten. Denn genau dafür soll Heiraten und Ehe für mich persönlich stehen: Für einen Hauch Romantik, gepaart mit einer dicken Portion Selbstbestimmtheit. Ich will nicht heiraten, um Steuervorteile mitzunehmen. Oder um es leichter bei einer Bank zu haben, wenn es darum geht, einen Kreditantrag für ein Eigenheim zu stellen. Ich will auch nicht heiraten, um unbedingt denselben Nachnamen wie mein Partner zu tragen. Ich würde heiraten, weil ich es mir mit einzig und allein dieser Person vorstellen kann. Weil ich für diese Person einstehen möchte und sie für mich – in guten und in schlechten Zeiten, you know?!

Vielleicht frage ich meinen Freund eines Tages, ob er Bock hat, mich zu heiraten. Oder er fragt mich, wer weiß das schon. Und dann heiraten wir. Ohne großes Tamtam und einfach nur, weil wir es gerne wollen. Vielleicht lassen wir es aber auch bleiben und leben weiterhin unser gemeinsames Leben, so wie auch schon in den vergangenen Jahren. Denn hey: Das war bislang ziemlich gut – auch ohne Trauschein.

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