A Letter to my Ex
Foto: Lisa Fotios/Pexels

A Letter to my Ex – Dinge, die ich dir gern sagen würde

Woran meine letzte Beziehung gescheitert sei, fragt er – und prompt habe ich dein Gesicht statt seinem vor Augen. Ich lerne ihn gerade erst kennen, wir telefonieren zum ersten Mal. ‚Ich weiß nicht so genau‘, will ich antworten, bis mein Blick auf das Notizbuch fällt, das aus allen Nähten platzt, weil tausend Dinge drin stehen, die dir gern noch sagen würde, obwohl wir beide wissen, dass das letzte Wort schon längst gesprochen ist. Plötzlich weiß ich wieder ganz genau, wieso wir gescheitert sind. „Es war, wie die Treppen hochzufallen“, sage ich und erinnere mich an das Gefühl: Mit dir ging alles so schnell, so unerwartet, war so witzig, aufregend und neu – und am Ende umso schmerzhafter.

"In besonders glanzlosen Momenten lese ich in unseren alten Chats, nur um mich weniger allein zu fühlen, und wenn da steht, ich sei „alles“ für dich, glaube ich‘s dir immer noch nicht."

Manchmal bin ich wütend, dass wir das mit uns nicht hinbekommen haben, klammer mich an die Idee wie an einen Rettungsanker, es sei allein deine Schuld gewesen. Wo doch alles so besonders angefangen hat, damals in der Bar, du mit deinem Blick und deinen Witzen und dem gereckten Kinn, kurz bevor ich dich mit nach Hause genommen habe - naja, dein zu Hause - die Luft voller ungesagter Versprechen, die für uns beide heute Lektionen sind.
Das mit uns war so besonders, der Stoff, aus dem romantische Filme gemacht sind; wir waren die Geschichte, die ich immer wollte.
Stattdessen pingt mein Handy und zeigt mir neue Matches an und ich frage mich, ob mein nächstes Date, wie du, wohl mir zuliebe Rotwein trinkt auch wenn er ihn nicht mag, und ob ich die Kartoffeln auch von seinem Teller klauen darf?

Wie zwei Puzzlestücke, die auseinanderbrechen

In besonders glanzlosen Momenten lese ich in unseren alten Chats, nur um mich weniger allein zu fühlen, und wenn da steht, ich sei „alles“ für dich, glaube ich‘s dir immer noch nicht. Vielleicht war das mit uns von Anfang an zum Scheitern verurteilt, nichts weiter als ein erhobener Zeigefinger. Vielleicht war es auch eine dieser Erfahrungen, die nicht für die Ewigkeit bestimmt sind, sondern nur für den Moment. Aber es war so verdammt einfach, zu denken, wir gehörten zusammen wie zwei lang verloren geglaubte Puzzlestücke.
Diese Vorstellung loszulassen; die Hoffnung zu durchbrechen, wir könnten das irgendwie schaffen, war das Schwierigste von allen.

Wie oft habe ich meine Karten gezogen als wären sie das Ass im Ärmel und trotzdem haben wir uns ein Jahr lang in unserem Hin- und Her nicht wirklich von der Stelle bewegt, bis wir uns endlich voneinander wegbewegten.

Und trotzdem, der Teil des Weges, den wir zusammen gegangen sind, der war gut, so voller Farbe, hat selbst dem Winter seine blassgraue Tristheit genommen. Als wir vor einem Jahr vom Restaurant mit den karierten Tischdecken in den schneebedeckten Straßen nach Hause gegangen sind, da habe ich mich endlich wie ich selbst gefühlt, ein bisschen mehr sogar als ich’s ohne dich war. Ich glaube so ging’s auch dem Wirt, der uns mit Ramazotti abgefüllt hat und fast genauso verliebt in dich war wie ich.
Sogar auf das Fernsehgucken mit dir habe ich mich gefreut wie ein Kind auf Weihnachten, auf das sinnlose durch-die-Kanäle-zappen, während du Stories aus deiner Vergangenheit erzähltest die mich mehr einnahmen als jeder Film – und das, obwohl ich selbst seit Jahren keinen Fernseher mehr besitze.

"Vielleicht ist das genau der Punkt, an dem wir wirklich gescheitert sind: Nicht, weil du etwas weggeworfen hast, was großartig hätte werden können, sondern weil ich an etwas festgehalten habe, von dem wir beide wussten, dass du es mir nicht geben konntest, so sehr du auch wolltest."

Wenn’s nur für den Fernseher reicht – und einige Erkenntnisse

Wenn ich es mir recht überlege, habe ich dank dir viel mehr gelernt als je zuvor.
Zum Beispiel, dass einer meiner Träume ist, ewig im Sommer bei offenem Fenster durch die griechischen Berge zu fahren. Oder dass Wirte sich in jeden Menschen verlieben, der weit über 20% Trinkgeld gibt. Dass ich, wie bei einem Stimmungsring, an der Farbe deiner Augen ablesen kann, wie du dich wirklich fühlst. Dass es tatsächlich Menschen gibt, die kein Gemüse mögen. Und dass es mir leichter fällt, an mich selbst zu glauben, wenn es schon jemand anders tut. Doch nicht alles erfüllt sich, nur weil wir es uns wünschen.

Immerhin kann ich mir nicht vorwerfen, ich hätte aufgegeben – im Gegenteil. Ich stand da mit geöffnetem Herzen, war bereit, zu warten, zum ersten Mal wirklich bereit, all unsere Unperfektheiten und Streitereien anzunehmen.
Dich und mich so zu wollen, wie wir waren.

Vielleicht ist das genau der Punkt, an dem wir wirklich gescheitert sind: Nicht, weil du etwas weggeworfen hast, was großartig hätte werden können, sondern weil ich an etwas festgehalten habe, von dem wir beide wussten, dass du es mir nicht geben konntest, so sehr du auch wolltest. Dabei habe ich dich bereitwillig meine Grenzen übertreten lassen.
Und ich hoffe, eines Tages kannst du mir verzeihen, so wie ich es mir verzeihe.
Davon sage ich am Telefon noch nichts – für‘s Erste zeichne ich meine Grenzen mit einem fetten Rotstift neu. Dann versuche ich, ohne Reue zurückzublicken, denn immerhin bist du der Grund, wieso ich Dinge endlich langsam angehen lasse – und wieder einen Fernseher habe.

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