Ariana und Bene Podcast
Foto: Seven.One Audio/Delia Baum

Ariana und Bene, darf über ein ernstes Thema wie unerfüllten Kinderwunsch nur ernst gesprochen werden?

Was passiert in dem sagenumwobenen Raum in Kinderwunschkliniken, in dem Spermaproben abgegeben werden? Und wie lassen sich Stuhlproben für das Labor effizient auffangen? Über diese Fragen und viele mehr reden, fachsimpeln und lachen Ariana und Bene in ihrem neuen gemeinsamen Podcast "Mom & Dadjokes". Die beiden befinden sich nämlich seit einiger Zeit in einer Kinderwunschbehandlung und weil das Thema unerfüllter Kinderwunsch schon traurig und ernst genug ist, stellt sich das Paar dieser Herausforderung auf seine ganz eigene Weise: mit Humor, einem Augenzwinkern und der einen oder anderen Anekdote aus besagtem "Wichsraum", wie sie ihn schmunzelnd nennen. Pünktlich zum Start von "Mom & Dadjokes" haben wir mit den beiden gesprochen und erfahren, was es mit dem Podcasttitel auf sich hat, warum Humor eine so wichtige Rolle bei einem so ernsten Thema spielt und wie es grundsätzlich um die Suchbarkeit um unerfüllten Kinderwunsch steht. 

Danke für eure offenen Worte, Ariana und Bene!

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Blickt man auf Reportagen oder Artikel rund um das Thema „Unerfüllter Kinderwunsch“, tragen diese häufig emotionale Titel wie „Unser Weg zum Glück“ oder „Der Traum vom Wunschbaby“. Mit eurem Podcast „Mom & Dadjokes“ geht ihr schon bei der Titelwahl einen anderen Weg – was steckt dahinter?

Ariana: Bene und ich haben beide einen sehr ähnlichen Humor – oft ist es die Art, die viele als „Dadjoke-Humor“ bezeichnen. Und wir wollten eben auf keinen Fall sowas wie „Familie auf Umwegen“ als Titel, deshalb haben wir etwas gesucht, das das Kinderwunsch-Thema nicht so mit Schmetterlingen und kleinen Herzemojis und seichter Pianomusik darstellt, sondern so, wie es für uns ist und so wie wir sind – und wir machen da selbst oft Witze dazu oder lachen darüber, wie ich zum Beispiel nach den Operationen im Propofol- Rausch Videos von mir mache und die aus Versehen an Leute verschicke, denen ich das später erstmal erklären muss. Mit Humor lässt sich einfach alles im Leben besser ertragen, auch das Kinderwunsch-Thema. Und da es dringend Zeit war für ein Pendant zu „Dadjoke“, schrieb sich der Name fast von selbst ...

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„Mom & Dadjokes“ – ab 9. November 2023 auf allen Podcast-Plattformen

Richtet sich der Podcast ausschließlich an Menschen mit einem unerfüllten Kinderwunsch?

Bene: Es geht natürlich schon viel um den Kinderwunsch – aber ganz ehrlich, wir stecken da seit fast 2,5 Jahren drin in dem Thema, wäre ja unfair, wenn die Hörer*innen von „Mom & Dadjokes“ damit nach zwei Sätzen durch sind. Was uns aber wichtig ist: Wir wollen in unserem Podcast nicht mit Expert*innen trocken die medizinische Seite beleuchten, wir wollen nicht trauernd mit Taschentüchern im Kreis sitzen und erzählen, wie schlimm doch alles ist, sondern wir wollen über das Thema als Paar so sprechen, als würden wir gerade mit unseren guten Freund*innen am Tisch sitzen. Da wird auch trotz des ernsten Themas viel gelacht, da werden infantile Untenrum-Gags gemacht und manchmal driften wir zwanzig Minuten lang ab in Ausführungen über die Höhen und Tiefen einer Rektal-Untersuchung. Deswegen würde ich mal behaupten, es ist für alle was dabei!

Haben eure Gespräche gewissermaßen einen therapeutischen oder heilenden Effekt?

Ariana: Wir reden da grundsätzlich, also auch ohne Mikrofon, viel drüber. Uns ist es wichtig, uns auszutauschen und über das Thema in Kontakt zu bleiben, damit sich nicht einer abgehängt oder alleingelassen fühlt. Dass wir diese Gespräche jetzt auch so führen, dass andere sie hören können, liegt vor allem daran, dass wir nach genau so etwas gesucht haben, als wir selbstnoch ganz am Anfang der Kinderwunschbehandlung standen. Wir fühlten uns sehr alleine mit so vielen Fragen, Entscheidungen und Ängsten und hätten gerne von anderen Betroffenen gehört, wie die damit umgehen. So richtig etwas gefunden haben wir nicht, sodass wir jetzt das für andere anbieten wollen, was wir so dringend gebraucht hätten.

Ihr holt den unerfüllten Kinderwunsch nicht nur aus der Tabuzone, sondern geht einen Schritt weiter: Ihr begegnet diesem ernsten Thema mit Humor. Wie sind die typischen Reaktionen auf euren offenen Umgang mit dem Thema – oder begegnet euch auch Unverständnis à la „Über ernste Themen darf nur ernst gesprochen werden“?

Bene: Zum Zeitpunkt dieses Interviews ist der Podcast noch nicht draußen, deswegen warten wir gespannt und machen uns auf alles gefasst. Und sind bereit für den Grimme-Preis (lacht). Aber im Familien- und Freundeskreis sprechen wir da auch sehr locker drüber und ich glaube, für viele ist es eine Erleichterung, wenn wir nicht mit Tränen in den Augen drüber reden, sondern auch mal einen flachen Witz machen. Das nimmt irgendwie den Druck raus – auch für uns selbst.

Ariana: Bei Instagram mache ich das genauso und es hat sich noch nie jemand darüber beschwert – im Gegenteil, viele Betroffene schreiben mir, dass sie, genau wie Bene es grad gesagt hat, so froh sind, dass man auch mal über sich selbst lachen kann. Ist ja schon alles blöd genug mit der Behandlung …

Ariana, vor etwa einem Jahr ist dein Reel namens „50 Shades of Kinderwunsch“ bei Instagram online gegangen, in dem du erstmals von eurem bislang unerfüllten Kinderwunsch erzählt hast. Ist dir dieser erste Schritt in die Öffentlichkeit schwer gefallen?

Ariana: Ja, das war wahnsinnig schwer für mich. Eigentlich wollte ich es auch gar nicht so richtig – aber es hatte sich unfassbar viel Druck angestaut. Wenn Operationen oder Ultraschall-Untersuchungen im Rahmen der Behandlung anstanden, habe ich berufliche Termine immer mit Ausreden abgesagt. Und auf Social Media habe ich das ganze Thema auch komplett ausgeklammert. Es hat aber ja unglaublich viel Raum in meinem Leben eingenommen, sodass es sich irgendwann so angefühlt hat, als würde ich überall flunkern und etwas verschweigen. Deswegen dachte ich vor einem Jahr „Ich sage einfach einmal, ich bin in Kinderwunschbehandlung, Ende. Ich muss ja keine Details darüber teilen, an welchem Punkt der Behandlung wir sind, aber dann ist es einmal raus“. Also habe ich dieses Reel gepostet – mit zitternden Händen und musste danach erstmal das Handy für ein paar Stunden weglegen. Ich habe mir richtige Vorwürfe gemacht. Wieso muss man ein so persönliches Thema mit der Öffentlichkeit teilen, wieso muss man denn immer über all seine privaten Probleme sprechen? Nach ein paar Stunden habe ich mich getraut, Instagram wieder zu öffnen, und war wirklich sprachlos. Mein Postfach war geflutet von Nachrichten – so viele Betroffene, denen es genauso ging wie uns. Die auch in Behandlung sind oder mit dem Kinderwunsch abgeschlossen haben, die mir Mut machen oder sich bei mir bedanken wollten, dafür, dass auch sie sich jetzt nicht mehr so allein fühlen. Das hat mich richtig positiv überwältigt.

"Als wir uns damit konfrontiert gesehen haben, dachten wir, wir wären die einzigen. Auf der ganzen Welt. Auch ich habe mich anfangs irgendwie dafür geschämt und kannte auch niemanden im Freundeskreis, dem es so ging. Das sagt, glaube ich, schon viel …"

Du nimmst seitdem deine Community immer mal wieder mit auf eure Kinderwunschreise – jeder Menge Selbstironie inklusive. Ich denke da an deine Videos nach den Narkosen oder Szenen, in denen du auf Reisen deine Hormonspritzen in Hotel-Kühlschränken kühlen lässt – all das macht euren Weg sehr greifbar und real und doch begegnet die Gesellschaft dem Thema noch immer mit sehr viel Hilflosigkeit und Unsicherheit, obwohl wir doch eigentlich inzwischen viel weiter sein müssten. Woran, denkt ihr, liegt das?

Bene: Unerfüllter Kinderwunsch ist ja ein sehr emotionales Thema und eines, das einen irgendwie verletzlich macht – die vermeintlich „einfachste Sache der Welt“, sich fortzupflanzen, bekommt man nicht hin. So fühlt es sich zumindest an. Und ich glaube, da ist es dann ähnlich wie mit Themen wie Depression oder Therapie – man denkt, man wäre schwach, unfähig oder hat versagt. Bei einem gebrochenen Bein oder einer blutenden Nase würde man das nie denken – ist halt so, tut weh und man braucht medizinische Behandlung. Themen, die emotional aufgeladen sind und viel mit der Psyche machen, sind aber oft noch mit Scham behaftet. Aber wir sind da als Gesellschaft, glaube ich, auf einem guten Weg und offen drüber reden ist ein guter Anfang!

Fehlgeburten oder ein unerfüllter Kinderwunsch sind Themen, die – wenn überhaupt – in der Regel eher von und für Frauen besprochen werden. Bene, was macht eure Situation mit dir – fehlt es männlichen Betroffenen an Sichtbarkeit?

Bene: Ja, tatsächlich finde ich auch, dass beim Thema unerfüllter Kinderwunsch meist Frauen von Frauen angesprochen werden. Ich verstehe das grundsätzlich auch absolut – Frauen tragen meistens, zumindest in unserem Fall, den größten Teil der Behandlung. Die Operationen, die medizinischen Eingriffe, die Spritzen, die Medikamente. Aber trotzdem macht diese Situation und das Thema allgemein natürlich auch viel mit mir als Mann und Partner. Bei den Angeboten zu diesem Thema fehlt allerdings oft die männliche Perspektive. Wenn es hier eine größere Repräsentanz gäbe, würde es, glaube ich, vielen Männern einfacher fallen, über das Thema zu sprechen oder sich zu öffnen.

Wie steht es ganz allgemein um Sichtbarkeit in Sachen unerfüllter Kinderwunsch?

Ariana: Als wir uns damit konfrontiert gesehen haben, dachten wir, wir wären die einzigen. Auf der ganzen Welt. Auch ich habe mich anfangs irgendwie dafür geschämt und kannte auch niemanden im Freundeskreis, dem es so ging. Das sagt, glaube ich, schon viel … Alles, was ich über das Thema unerfüllter Kinderwunsch weiß, habe ich erst gelernt, als wir selbst davon betroffen waren … Also ja, da ist noch Luft nach oben.

Gibt es – allem Humor zum Trotz – auch Momente, in denen es schwer fällt, weiterzumachen?

Ariana: Weiterzumachen nicht, das steht irgendwie außer Frage. Zumindest für den Moment. Wir fallen hin und stehen wieder auf. Aber es gibt auf jeden Fall diese Momente, in denen ich mich frage, woher ich die Kraft dafür nehmen soll. In denen ich denke, ich ertrage nicht noch ein einziges Mal diesen Anruf aus dem Labor mit der Nachricht „Frau Baborie, der Bluttest ist leider negativ. Sie sind nicht schwanger“. In denen ich mich frage, warum wir, warum klappt es genau bei uns nicht? Und woran liegt es, was kann ich noch tun? Bene hat bei uns den Part mit der Motivation, er ist unser Feelgood- Manager (lacht). Manchmal macht mich sein Optimismus auch wütend, weil ich denke „Ich will jetzt aber kurz traurig sein und heulen und alles scheiße finden, danach kann ich ja wieder Hoffnung haben, aber erstmal muss ich meinen Frust rauslassen“, aber grundsätzlich bin ich sehr froh, dass er so optimistisch ist. Er ist der Fels in der Brandung.

Bene: Ja und du bist die Brandung … Ich weiß einfach, dass es irgendwann klappt. Da bin ich ganz sicher. Deshalb denke ich immer, wir sollten unsere Kraft und Energie ins Weitermachen stecken. Aber klar, ich habe leicht reden, ich muss mich auch nicht täglich spritzen und die ganzen Medikamente nehmen. Trotzdem weiß ich: Es wird klappen, und davon werde ich Ariana auch noch überzeugen.

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