Das Ende der Ehe Review

Ja, ich will! Und zwar, dass wir alle „Das Ende der Ehe“ lesen

Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, euch hier mit einer klassischen Buch-Review zu „Das Ende der Ehe“ von Emilia Roig zu versorgen. Mit einer kurzen, knackigen Inhaltsangabe, den Kernaussagen ihrer Arbeit und ein paar abschließenden persönlichen Worten von mir über das Buch. Aber ganz ehrlich: Irgendwie ist mir das nicht möglich. Weil eine kurze, knackige Inhaltsangabe der so unendlich komplexen, wichtigen und richtigen Aussagen der Autorin dem Buch kaum gerecht werden könnten. Weil auf mehr als 350 klugen Seiten eine Kernaussage die nächste jagt. Und ich mir wünsche, dass wir alle nicht nur Rezensionen dieses Buches lesen. Sondern jede einzelne Seite. Insofern folgt hier eine etwas andere Rezension von „Das Ende der Ehe“ – einem Buch, das vielen Menschen vermutlich weh tun wird. Und ich dennoch – oder vielleicht gerade deswegen – dafür plädiere, dass wir alle dieses fabelhafte Werk unbedingt lesen sollten.

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Wer heiratet, hat es geschafft im Leben und das Gefühl, alles richtig gemacht zu haben. Storylines in Filmen, Büchern, Liedern und sogar TV-Werbungen katapultieren diese Wunschvorstellung des ultimativen Glückszustandes tagtäglich in unser Bewusstsein. So weit, so patriarchalisch. Was aber, wenn an der Institution Ehe gekratzt wird? Die Ehe als vollkommen überflüssiges und überholtes Rollenmodell entlarvt wird? Unangenehme Fragen gestellt werden, auf die es nur noch unangenehmere Antworten geben kann? In ihrem Buch „Das Ende der Ehe“ stellt Emilia Roig genau diese Fragen. Und gibt Antworten. Für sich selbst hat die Autorin die Ehe bereits längst abgeschafft. Sie ist geschieden und fordert neben dem Ende der Ehe eine Revolution der Liebe. Und hat ein Buch geschrieben, das uns alle etwas angeht. Ganz gleich, ob wir verheiratet sind oder nicht. Gegen die Ehe sind oder uns nichts sehnlicher wünschen, als endlich einen Heiratsantrag zu erhalten. Warum das so ist? Weil es uns alle etwas angeht, wie schlecht es um die Gleichstellung von Frauen und Männern bestellt ist.

Und so geht es in „Das Ende der Ehe“ um das romantische Drehbuch unseres Lebens, das uns vorschreibt, uns nach der Ehe sehnen zu müssen. Um die Vehemenz, mit der die Ehe verteidigt wird. Um die Normalisierung der finanziellen Abhängigkeit von ihren Männern, in denen Frauen sich häufig befinden. Um die Abwertung anderer Lebensformen, wobei doch keine andere Lebensform besser oder schlechter sein sollte. Um unsichtbare, unbezahlte und genauso unentbehrliche Carearbeit. Es geht aber auch darum, zu unterscheiden – denn natürlich unterstellt Emilia Roig nicht allen Frauen, dass sie in ihrer heterosexuellen Beziehung per se ausgebeutet werden und unglücklich sind. Vielmehr weiß die Autorin, dass nicht alles schlecht ist an der Ehe: „Die Liebe, das Engagement, die Fürsorge, das Gefühl von Geborgenheit sind schöne Dinge, die innerhalb der Ehe entstehen können. Doch diese Emotionen und Verbindungen sind nicht an die Ehe gebunden, sie können ohne die Institution und die Heiratsurkunde existieren. Ehe wird oft mit Liebe und Familie gleichgesetzt, doch Liebe und Familienbindungen würden die Abschaffung der Ehe überleben."

Vor allem Frauen neigen dazu, ihren Selbstwert von einem Mann und dem vermeintlich Sicherheit bietenden Status des Verheiratetseins abzuleiten. Emilia Roig beschreibt das Ganze wie folgt: „Mädchen lernen früh, sich nach Aufmerksamkeit von Männern und romantischen Gefühlen zu sehnen, weil ihr Beziehungsstatus Teil ihrer Persönlichkeit wird, Das zeigt sich auch in der Selbstdarstellung auf Social Media. Es ist üblich, dass Frauen in ihren Bios auf Instagram und TikTok „wife“ und „mother“ angeben. Manchmal ist das die einzige Information. Bisher habe ich „husband“ und „dad“ in männlichen Bios nur selten gesehen. Vielleicht weil der Wert von Männern nicht in Relation zu Frauen und Kindern definiert wird.“

Das Ende der Ehe Review

Emilia Roig: Das Ende der Ehe: Für eine Revolution der Liebe | Feministische Impulse für die Abschaffung einer patriarchalen Institution – hier bestellen

Wer die Ehe kritisiert, macht sich schnell unbeliebt – vor allem bei verheirateten Paaren. Das stelle auch ich selbst immer wieder mit Blick in auf meinen eigenen Freundes- und Familienkreis fest. Dabei geht es bei dieser Kritik nicht darum, die Paare in ihrer Beziehung zu verurteilen – warum sollte ich das auch wollen?! Aber hey – wer das Patriarchat verstehen will, muss nun einmal bei der Ehe anfangen. Und ja, das mag sicher weh tun. Vor allem jenen Menschen, die verheiratet sind oder sich nichts sehnlicher wünschen, als verheiratet zu sein. Wobei wir auch schon beim Casus Knaxus wären. Denn besonders Frauen neigen dazu, ihren Selbstwert von einem Mann und dem vermeintlich Sicherheit bietenden Status des Verheiratetseins abzuleiten. Emilia Roig beschreibt das Ganze wie folgt: „Mädchen lernen früh, sich nach Aufmerksamkeit von Männern und romantischen Gefühlen zu sehnen, weil ihr Beziehungsstatus Teil ihrer Persönlichkeit wird, Das zeigt sich auch in der Selbstdarstellung auf Social Media. Es ist üblich, dass Frauen in ihren Bios auf Instagram und TikTok „wife“ und „mother“ angeben. Manchmal ist das die einzige Information. Bisher habe ich „husband“ und „dad“ in männlichen Bios nur selten gesehen. Vielleicht weil der Wert von Männern nicht in Relation zu Frauen und Kindern definiert wird.“

Worum es in dem Buch nicht geht, ist, Verheiratete mit dem erhobenen Zeigefinger shamen zu wollen. Genau das ist es, was Emilia Roig meiner Meinung nach ganz wunderbar gelingt. Nämlich, dass sie nicht von oben herab ihren Standpunkt erklärt. Sondern Fakten gleichermaßen analytisch und ebenso sensibel darlegt und erklärt.

Ein Ja für die Liebe, ein Nein für toxische Machtstrukturen

Emilia Roig legt mit „Das Ende der Ehe“ den Finger in die Wunde. Und zwar so richtig. Und scheut sich nicht, das Konstrukt Ehe als Übermacht der heterosexuellen, monogamen Beziehung infrage zu stellen. Indem die Paarbeziehung als wichtigste zwischenmenschliche Beziehung gefördert und gewissermaßen unantastbar gemacht wird, wird die Institution der Ehe aufrechterhalten, weil die heterosexuelle, monogame Beziehung als Spitze einer Pyramide für Beziehungen dargestellt wird.

„Das Ende der Ehe“ spricht somit nicht nur zu Menschen, die mit dem Konzept Ehe struggeln. Sondern auch zu Verheirateten. Und zu allen, die unbedingt den vermeintlich erstrebenswerten Status des Verheiratetseins in ihrem Leben erreichen wollen. Worum es in dem Buch nicht geht, ist, Verheiratete mit dem erhobenen Zeigefinger shamen zu wollen. Genau das ist es, was Emilia Roig meiner Meinung nach ganz wunderbar gelingt. Nämlich, dass sie nicht von oben herab ihren Standpunkt erklärt. Sondern Fakten gleichermaßen analytisch und ebenso sensibel darlegt und erklärt. Denn – und genau das stellt auch Carolin Emcke im Klappentext zu „Das Ende der Ehe“ heraus – das „Großartigste an diesem Buch ist nicht nur die radikale Kritik an der Institution Ehe, sondern auch die nicht minder radikale Hoffnung auf andere Formen der Beziehungen und der Fürsorge“. Womit wir gewissermaßen auch schon bei Emilia Roigs größter Herzensforderung wären: der Revolution der Liebe. Ganz ohne Geschlechter-Hierarchie und toxische Machtstrukturen. Dafür aber mit Menschen. Liebe eben.

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