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Kinderwunschlos glücklich – eure Geschichten | Teil 3
Hier könnte jetzt ein Text stehen à la "Aller guten Dinge sind drei", um irgendwie typisch floskelig den dritten Teil unserer Community-Artikel-Reihe anzukündigen. Aber jetzt mal ehrlich: Das will doch niemand lesen. Nichtsdestotrotz muss ich zu der Sache mit der "drei" etwas loswerden. Denn dass im Rahmen dieser Reihe, die mit einem Community-Aufruf bei Instagram begonnen hat, wirklich drei Teile mit euren persönlichen und ehrlichen Geschichten entstehen, damit habe ich anfänglich nicht gerechnet. Umso mehr bestärkt mich euer Engagement, eure Ehrlichkeit und nicht zuletzt euer Vertrauen in dem Vorhaben, in Zukunft häufiger Artikel-Reihen wie diese stattfinden zu lassen. Weil so ein wichtiger Beitrag in Sachen Sichtbarkeit geschaffen werden kann und ihr eine Plattform erhaltet, auf der ihr eure Geschichten erzählen könnt. In diesem Sinne: Danke für euch!
Hier könnt ihr übrigens den 1. Teil unserer Kinderwunschlos-glücklich-Reihe lesen – und hier Teil 2.
„Was stimmt denn nicht mit dir?“ Dieser Satz wird freiwillig kinderlosen Frauen zu einem großen Prozentsatz sehr bekannt vorkommen … Schließlich ist es ja die natürlichste und biologische Bestimmung der Frau, Kinder zu bekommen, aber vor allem: zu WOLLEN. Oder?
Aber von vorn: Ich bin 42 und kinderlos glücklich. Soweit ich mich erinnern kann, habe ich den Wunsch, keine eigenen Kinder bekommen zu wollen, mit ungefähr zwölf Jahren laut ausgesprochen. Mit zwölf? Naja, das wird sich selbstverständlich noch ändern - in dem Alter ist gar nichts in Stein gemeißelt. Stimmt. Aber was, wenn doch? Genauso wie mein Großvater mich mit 13 nicht ernst nahm, als ich mich entschied, Vegetarierin zu sein (Spoiler: Ich bin’s seit knapp 30 Jahren), genauso stoßen viele auf Unverständnis, wenn Frauen, besonders sehr junge, sich gegen das Kinderkriegen aussprechen. Das mag am Alter liegen, denn wir entwickeln uns bestenfalls immer weiter … Allerdings habe ich noch nie gehört, dass man Mädchen und jungen Frauen ihr Urteilsvermögen abspricht, wenn sie sich konkret Kinder wünschen. Also doch kein Problem des Alters?
Mitnichten. Es ist selbstverständlich ein gesellschaftliches Problem. Eines der Erziehung, der sozialen Konstrukte, der binären Sichtweise, von der wir uns kaum zu lösen scheinen. Und während ich weiß, welchen übergriffigen Kommentaren sich viele kinderlose Frauen aussetzen müssen, weiß ich, dass ich, bis auf wenige Ausnahmen Fremder, mich diesem Shit Storm nie stellen musste. Meine soziale Bubble hat meine Entscheidung immer akzeptiert. Von den Eltern über andere Verwandte bis hin zum engsten und erweiterten Freundeskreis. Puh, Glück gehabt. Einzig Kommentare wie „Du wärst eine zauberhafte Mama“ kommen ab und an immer noch – das sehe ich von meinen liebsten Menschen aber als Kompliment und nicht als übergriffiges Verhalten.
Aber warum habe ich denn jetzt keine Kinder? Meiner Argumentation und meinen Werten folgend, dürfte ich diese Frage aus Prinzip nicht beantworten. Fragt man Frauen, die Kinder wollen und haben, warum? Dreht man das um, wird schnell klar, wie absurd und unpassend es ist. Ich könnte wahrscheinlich mehr als ein Dutzend Gründe aufzählen, warum ich keine Kinder möchte: viel Verantwortung, richtige Partnerwahl, gesundheitliche Risiken, Verzicht … Hört sich egoistisch an? Gut, dass wir es ansprechen, da komme ich zum nächsten Thema.
"Ich als kinderlose Frau habe zeitliche und finanzielle Ressourcen, die viele Menschen mit Kindern nicht haben und nutze diese nicht nur für mich selbst, sondern auch für die Gesellschaft. Es fängt bei der Steuerklasse und dem Höchststeuersatz an, aber endet eben auch mit Ehrenämtern (wie Jugend-Handballtraining), Spenden, Babysitten der Kinder meiner Freund:innen, the list goes on."
Ist ein kinderloses Leben egoistisch? Ich sage nein. Wieso sollte es? In Zeiten von Überbevölkerung, Klimawandel, schwindenden Ressourcen und Kriegen könnte ich argumentieren, es sei für mich unverantwortlich, Kinder in solch eine Welt zu setzen. Aber die Wahrheit ist: Ich möchte einfach keine eigenen. Punkt. Genauso wie die Wahrheit vieler Eltern ist, dass sie sich gern reproduzieren wollen, eine große Familie sein – sicher aus den verschiedensten Gründen, aber auch sicher selten bis gar nicht aus altruistischen Motiven, damit die Menschheit nicht ausstirbt oder mir jemand die Rente später zahlt. Ich als kinderlose Frau habe zeitliche und finanzielle Ressourcen, die viele Menschen mit Kindern nicht haben und nutze diese nicht nur für mich selbst, sondern auch für die Gesellschaft. Es fängt bei der Steuerklasse und dem Höchststeuersatz an, aber endet eben auch mit Ehrenämtern (wie Jugend-Handballtraining), Spenden, Babysitten der Kinder meiner Freund:innen, the list goes on. Ich liebe Kinder, besonders die meiner Liebsten und ich habe meist sofort eine tolle Verbindung zu ihnen. Eine gute Freundin sagte mal zu mir, mein Verständnis ihr mit Kind gegenüber sei größer als das mancher Eltern. Und das nehme ich als Geste der großen Wertschätzung entgegen, was aber im Umkehrschluss nicht heißt, dass sich die Aussage gegen diese Eltern richtet. Ich habe mehr Zeit und, wahrscheinlich, Energie, mich nach den Bedürfnissen der Kinder respektive Eltern zu richten. Und das tue ich.
Es scheint noch ein weiter Weg zu sein, aber was mir ein großes Anliegen ist: Ich will das Wort „normal“ nicht mehr hören! Normal leitet sich von „Norm“ ab, der Norm entsprechend. Der Norm entsprechend trugen Jungen und Männer früher rot und rosa und blau war den Mädchen und Frauen vorbehalten. Rot stand für Blut, Krieg und Macht, während blau als zart und anmutig wahrgenommen wurde. Heute wissen wir, dass sich das seit den 1940ern komplett gewandelt hat. Im Rokoko-Zeitalter schminkten sich die Männer, trugen Röcke und Absätze … „Normal“ ist also immer gesellschaftlich geprägt und unterliegt einem historischen Wandel. Nur weil ich als Frau in der Lage bin, ein Kind zu bekommen, muss ich es nicht auch wollen und schon gar nicht müssen. Akzeptanz und Respekt vor einer fundierten Entscheidung, als Frau keine Kinder zu wollen, sollten genauso selbstverständlich sein wie finanzielle Hilfen und Betreuungsangebote für Alleinerziehende und Elternpaare. Lasst uns nicht in binären Lagern denken: Kinder/keine Kinder, verheiratet/unverheiratet, Mann/Frau, you name it. Lasst uns gemeinsam schauen, dass wir eine Gesellschaft formen, in der jeder frei und ohne soziale Zwänge entscheiden kann, wie das eigene Leben aussehen soll. Klingt pathetisch? Aber irgendwo müssen wir doch anfangen …
Ich heiße Sonja und werde demnächst 35 Jahre alt. Den großen Traum vom Mutter sein hatte ich eigentlich noch nie. Ich wollte immer schon selbstständig sein, vom Dorf in die große Stadt ziehen, berufstätig sein, auf eigenen Beinen stehen und die Welt sehen. Mit meinem Mann bin ich schon seit 14 Jahren zusammen. Wir haben in all den Jahren immer wieder Gründe gefunden, die für uns erstmal gegen Kinder gesprochen haben. Erstmal im Job richtig Fuß fassen und genug Geld zur Verfügung haben, eine größere Wohnung haben mit genügend Patz, erstmal Reisen und die Welt sehen, dass Leben ohne Einschränkungen genießen.
Irgendwann stellte sich die Frage, wie oder ob ich weiter verhüte. Nach der Pille und der Hormonspirale wollte ich keine Hormone mehr nehmen und alles andere war mir zu unsicher. Denn ich wollte mit Anfang 30 immer noch nicht schwanger werden. Da haben wir dann zum ersten Mal konkret darüber gesprochen, ob wir überhaupt je Kinder wollen und überlegt, ob eine Vasektomie für meinen Mann bzw. für uns in Frage kommen würde. Wir waren einfach nicht bereit, unser Leben wie es ist, unsere Freiheit aufzugeben.
Wir haben lange überlegt und sehr viel darüber gesprochen und darüber nachgedacht. Alle Pros und Contras abgewägt und uns dann tatsächlich dafür entschieden. Mein Mann ließ eine Vasektomie durchführen.
"Ich hatte nie das Bedürfnis Mutter zu sein und die Themen rund um Kinder haben mich auch nie wirklich interessiert. Verstanden hat das außer meinem Mann erstmal niemand. Denn gesellschaftlich gesehen ist das nicht normal."
Der Kinderwunsch kam bei uns beiden all die Jahre unserer Beziehung nie auf. Wir haben uns zu zweit mit unserem Leben bereits komplett gefühlt. Auch heute noch haben wir so viele Pläne für die Zukunft, in denen Kinder bei uns keinen Platz haben.
Ich hatte nie das Gefühl, dass ich ein Kind zum glücklich sein brauche. Ich habe auch nie verstanden, wieso man sein eigenes Glück über einen anderen Menschen definiert.
Ja, ich bin überglücklich über die Menschen in meinem Leben, vor allem auch über meinen Mann. Aber ich definiere weder mich, noch mein Glück über diese Menschen.
Ich hatte nie das Bedürfnis Mutter zu sein und die Themen rund um Kinder haben mich auch nie wirklich interessiert. Verstanden hat das außer meinem Mann erstmal niemand. Denn gesellschaftlich gesehen ist das nicht normal. Das habe ich auch überall gemerkt. Man wird immer wieder damit konfrontiert, dass es doch endlich Zeit wäre und das Ziel in meinem Leben die Hochzeit und Kinder wären. Nach unserer Hochzeit war für alle klar, dass jetzt endlich mal Kinder kommen würden. Als hätten wir zwölf Jahre bis zur Hochzeit nur darauf gewartet, das erste Kind nicht unehelich zu bekommen. Ich wurde eigentlich auch nie ernst genommen mit dem Wunsch keine Kinder zu wollen. Mir wurde immer wieder unterstellt, ich wüsste nicht wovon ich rede und ich sei einfach noch zu jung (mit Ende 20). Irgendwann wollen alle Kinder, war die Aussage, und ich würde es definitiv irgendwann bereuen. Noch heute stoße ich auf Unverständnis und solche Kommentare.
Dann kam die Diskussion mit "#regrettingmotherhood", die durch Orna Donath ins Leben gerufen wurde. All diese Frauen, die von der Gesellschaft immer wieder gesagt bekommen haben, sie müssten Mutter werden. Und wenn sie erstmal ihre Kinder haben, wäre alles toll und alle Zweifel wären weg. Diese Romantisierung der Mutterschaft. Frauen, die die selben Gedanken und Gefühle hatten wie ich und dann verunsichert und nicht ernst genommen wurden. Die an sich gezweifelt haben, weil Ihnen eingeredet wurde, es sei nicht normal, keine Kinder zu wollen.
"Ich habe meine Entscheidung über viele Jahre hinweg überdacht, immer wieder neu überlegt. Mich selbst kritisch hinterfragt. Und tue das manchmal immer noch. Bespreche dass immer wieder mit meinem Mann. Ich komme immer wieder zu dem selben Entschluss. Aber ich treffe diese Entscheidung nicht leichtfertig."
Und jeder warnt einen davor, es irgendwann zu bereuen, dass man keine Kinder bekommen hat, aber wieviele es bereuen, Kinder bekommen zu haben, das will keiner wissen. Wie unromantisch es ist, ein Kind zu bekommen und was es für das eigene Leben bedeutet. Finanziell, beruflich, Freizeit, das gesamte Leben ändert sich radikal und dass eben nicht immer nur zum schönen. Und interessanterweise begegne ich vielen, die zwar ihre Kinder lieben und sie natürlich nicht wieder hergeben würden, aber auch sagen, nochmal würden sie keine bekommen.
Ich bedauere es sehr, dass die Entscheidung, Kinder zu bekommen von den Menschen sehr leichtfertig getroffen werden kann. Die Entscheidung, Kinder zu bekommen, wird nicht so sehr in Frage gestellt, wie die, keine zu bekommen. Das finde ich falsch. Denn nicht jeder ist in der Lage, sein Kind adäquat zu versorgen. Und oft höre ich, wie darüber geurteilt wird, dass manche Menschen nie Kinder hätten bekommen sollen, weil sie sich nicht darum kümmern oder sie schlecht behandeln. Entscheidet man sich jedoch tatsächlich gegen Kinder, dann wird man erst recht verurteilt.
Ich würde mein Kind nie bewusst schlecht behandeln, aber ich weiß, dass ich mein Leben und meine Selbstständigkeit nicht für mein Kind aufgeben könnte. Aber die Welt da draußen verlangt von mir eine Selbstaufgabe für mein Kind und ich bin nicht bereit, diesen Preis dafür zu zahlen.
Und ich habe meine Entscheidung über viele Jahre hinweg überdacht, immer wieder neu überlegt. Mich selbst kritisch hinterfragt. Und tue das manchmal immer noch. Bespreche dass immer wieder mit meinem Mann. Ich komme immer wieder zu dem selben Entschluss. Aber ich treffe diese Entscheidung nicht leichtfertig. Und ob ich das später mal bereue? Kann sein, kann aber auch nicht sein. Ein Kind ist kein Garant, später nicht allein zu sein, das erlebe ich in meinem Beruf tagtäglich.
Ich muss auch ehrlich sagen, wie Mütter teilweise gegeneinander arbeiten, sich gegenseitig schlecht machen, sich verurteilen, weil der Vater mit ins Babyschwimmen geht und die Mutter ein paar Tage Kurzurlaub mit den Mädels macht, ist mit ein Grund, warum ich mich in dieser Welt nicht sehe. Die Mutterbubble ist so geprägt von der perfekten Mutter, die alles für ihr Kind aufgeben muss, und kein eigenständiger Mensch mehr sein kann. da halte ich mich lieber raus.
Ich selbst weiß einfach, dass es für mich die richtige Entscheidung ist. Ich liebe die Freiheiten, die ich habe. Und ich brauche es, selbstständig und für mich zu sein. Ich hab das Gefühl, dass die Gesellschaft sich kritisiert und angegriffen fühlt, wenn man etwas nicht so machen will, wie sie … Dabei hat es nichts mit den anderen zu tun, sondern nur mit mir. Wer Kinder will, soll Kinder bekommen. Aber Kinder allein sind nicht der einzige Sinn des Lebens. Und das sollte man akzeptieren. Das Leben gibt so viel mehr her als nur Mutter sein. Auch wenn das für viele eine Erfüllung ist, kann man auch ohne eigene Kinder ein erfülltes Leben führen und glücklich sein.
Ich, 32 und verheiratet, wusste schon seit meiner Jugend, dass ich keine Kinder will. Mein Mann wäre zwar offen für Kinder, akzeptiert allerdings meine Entscheidung zu 100% und wir sind auch ohne Kinder komplett. Mein Umfeld hat es mit den Jahren auch verstanden. Vor allem meine Mama stand immer hinter mir. Meine Großeltern hatten erst Schwierigkeiten, unseren Lebensweg zu akzeptieren und es kamen, nur zu mir, die üblichen Sprüche: „Aber deine biologische Uhr!“, „Wie hübsch euer Kind wäre.“, „Aber als Frau musst du doch Mutter sein.“
Gar nichts „muss“ ich. Seit ich mich stark mit Feminismus beschäftige, werde ich eher noch in meinem Entschluss, mich nicht zu reproduzieren, bestärkt. Als Frau* werde ich so schon oft abgestraft, aber was müssen sich Mütter anhören?! Furchtbar!
Freiwillig kinderlos sein ist eine, für mich, tolle Entscheidung.
P.S.: Ich bin schwerbehindert und bald Rentnerin, da passt ein Kind noch weniger.
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