NotAllMen

Liebe Männer, es geht nicht um euch: Warum die Bewegung #NotAllMen alles nur noch schlimmer macht

Der Mord an Sarah Everard aus London, die inzwischen zum Alltag gehörenden Meldungen über sexuelle Übergriffe, Diskriminierung oder Gewalt gegen Frauen – all diese Nachrichten schockieren mich, machen mich wütend und bereiten mir Angst. Und noch mehr: Sie fühlen sich für mich auch unendlich persönlich an. Warum? Weil auch mir all das passieren kann. Immerhin hat nahezu jede Frau schon einmal Misogynie, sexuelle Übergriffe oder sogar Missbrauch erlebt. Worüber müssen wir an dieser Stelle also reden? Darüber, wie Frauen sich besser schützen können? Nein, ganz sicher nicht! Denn es geht nicht darum, was Frauen tun können, um nicht in gefährliche Situationen zu kommen. Es geht vielmehr darum, was Männer tun können, um Frauen nicht in gefährliche Situationen zu bringen.

"Jene Männer, die mit #NotAllMen argumentieren, lenken die Diskussion auf das Leid der Männer und nehmen Opfern damit nicht nur Gehör sondern auch Unterstützung"

Der Mord an Sarah Everard zeigt diesen Disput auf tragische Weise. Denn die 33-Jährige hat alles "richtig" gemacht – womit wir auch schon bei dem großen Knackpunkt wären. Denn allein die Tatsache, dass wir uns allen Ernstes darüber unterhalten müssen, wie und ob man als Frau "alles richtig" macht, um sich sicher zu fühlen, sollte doch wirklich genug aussagen. Und ein weiteres großes Problem steht der Aufklärung um Sicherheit für Frauen im Weg: die Tatsache, dass es Männer gibt, die sich in diesem Kontext als Opfer sehen. #NotAllMen heißt die Gegenbewegung und im selben Atemzug das Argument derer, die darauf hinweisen wollen, dass eben nicht jeder Mann auch ein Täter ist. So weit, so richtig, doch genau darin liegt auch die Gefahr: Denn jene Männer, die mit #NotAllMen argumentieren, lenken die Diskussion auf das Leid der Männer und nehmen Opfern damit nicht nur Gehör sondern auch Unterstützung.

Keine Frage, nicht alle Männer greifen Frauen an, verletzen oder misshandeln sie. Doch was tun sie tatsächlich dafür, Frauen nicht zum Opfer zu machen? Denn es reicht nicht aus, kein Täter zu sein. Der Moment, Frauen zu beschützen, beginnt bereits viel früher. Somit geht es bei #NotAllMen auch darum, Antworten auf einige Fragen zu geben: Was tun Männer, um Frauen zu schützen? Setzen sie sich dafür ein, ihre männlichen Mitmenschen auf ihr Fehlverhalten aufmerksam zu machen? Sprechen sie mit ihren Söhnen darüber, wie Sicherheit für Frauen gewährleistet werden kann? Schreiten sie in übergriffigen Situationen ein? Oder um es mit den Worten der Schauspielerin und Aktivistin Jameela Jamil zu sagen: "Ihr könnt euch nicht von der falschen Seite ausschließen, wenn ihr nicht aktiv für die richtige Seite kämpft!"

Es geht nicht um #NotAllMen – es geht um #NotAllMenButtAllWomen

Mit der Bewegung #NotAllMen machen es sich viele Männer schlichtweg zu einfach. Denn es geht nun einmal nicht nur darum, darauf hinzuweisen, man selbst würde ja niemals einer Frau etwas antun. Es geht darum, sie zu unterstützen. Indem ihr, liebe Männer, nicht nur mit guten Beispiel vorangeht, sondern auch andere Männer dafür sensibilisiert, was es bedeutet, Frauen Schutz zu geben. Indem ihr Frauen zuhört, wenn sie euch erzählen, dass ihnen etwas Schlimmes passiert ist. Indem ihr sie in keine Situationen bringt, in denen sie sich unwohl oder unsicher fühlen. Denn es geht hierbei nicht um #NotAllMen. Es geht um #NotAllMenButAllWomen. Nicht jeder Mann mag übergriffig gegenüber Frauen sein, doch fast jede Frau ist schon einmal Opfer eines übergriffigen Mannes geworden. Und genau an diesem Punkt sollten wir anknüpfen: Wir alle!

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